Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein bisschen mit mir gerungen habe, ob ich diese Gedanken niederschreiben soll, denn ja, es ist ein heikles Thema. Aber hier auf Josie loves geht es zwar primär um „die schönen Dinge des Lebens“, mir war es jedoch schon immer auch wichtig, auf diesem Blog eben diese heiklen Themen anzusprechen. Doch um was geht es überhaupt?
Es ist mittlerweile rund zwei Jahre her, dass ich meinen Blogpost „Ich hab da mal ein paar Fragen …“ veröffentlichte. Darin wandte ich mich an Firmen und Agenturen und stellte Fragen wie „Wie kann es sein, dass ehrlich arbeitende Instagrammer das Absagen-Argument „zu wenig Engagement“ bekommen und der Job dann bei dem Instagrammer landet, der die dreifachen Likes bekommt, ABER bei dem JEDER sieht, dass das Engagement gekauft ist?“ Dieser Artikel wurde bereits in den ersten Tagen über 10.000 Mal gelesen und bekam eine riesengroße Resonanz. Unter anderem schrieben mir zahlreiche PR-Kontakte, denen ehrliche Arbeit am Herzen liegt. Schon damals dachte ich, diese Fake-Blase müsse irgendwann platzen. Es könne doch nicht sein, dass der Betrug so groß, so offensichtlich sei und dennoch so viele Menschen damit davonkommen.
Nun sind zwei Jahre vergangen und es gab immer noch keine Blase, die platzte, nein: Das Problem wurde größer. Und ich will ehrlich sein: Auch wenn ich mich klar auf den Blog fokussiere, so ist Instagram ein fester Bestandteil meines beruflichen Alltags und es fällt enorm schwer, Tag für Tag wegzuschauen. Denn immerhin handelt es sich hier um einen Betrug mit gigantischem Ausmaß. Es werden Millionen von Euro in Influencer gesteckt, bei denen wirklich von den Followern über die Likes bis hin zu den Kommentaren ALLES Fake ist. Und bei denen man es offensichtlich sieht, wenn man sich eine einzige Minute mit ihnen beschäftigt. Es gibt da einige Kandidaten, deren „Karriere“ ich seit Jahren verfolge. Kopfschüttelnd, wenn ich sehe, dass sie wieder einmal mit einer Marke arbeiten, die in der Öffentlichkeit betonte „ganz genau zu überprüfen, ob bei Kooperationspartnern alles mit rechten Dingen zugeht“. Da werden tausende Likes gekauft und dieses ach so hohe Engagement mit tausenden Euro belohnt. Ja, so läuft der Hase mittlerweile. Die Summen, die für Instagram gezahlt werden, lassen auch mich oft den Kopf schütteln, obwohl ich sie mittlerweile schon lange kenne. Ist ja alles auch gerechtfertigt, wenn die hunderttausenden Follower ehrlich und hart erarbeitet sind – und der mediale Gegenwert dadurch enorm ist.
Wieso ich mich so sehr darüber aufrege, wenn ich mich doch eigentlich klar auf den Blog fokussiere? Auch bei uns buchen Kunden oftmals Instagram Posts. Entweder als Teaser eines Blogposts, oder aber als reine Instagram Kooperation. Und das ist natürlich auch alles schön und gut, denn sie erreichen damit eine für viele Marken sehr attraktive Zielgruppe.
Ich kann von mir selbst sagen (und nein, in diesem Blogpost geht es selbstverständlich nicht darum, mich selbst als positives Beispiel hervorzuheben), dass ich auf Instagram noch nie einen einzigen Follower, geschweige denn Like oder Kommentar gekauft habe. Das bedeutet konkret, und darum geht es mir eigentlich mit dieser Aussage: Man hat es nicht in der Hand, wie ein Bild performt. Mal bekommt ein Bild 300, mal mehrere tausend Likes. Ja, so läuft das. Und es hat meist nichts damit zu tun, dass das eine Bild schöner ist als das andere. Mal bekommen die Bilder über eine oder sogar mehrere Wochen hinweg ein Drittel der sonstigen Reichweite und somit auch der Likes, mal reguliert sich das ganz plötzlich wieder. Ich habe schon lange aufgegeben, wirklich nach einem „Warum“ zu fragen.
Und wenn ich einfach Bilder von unseren Reisen oder Teaser zu meinen Blogposts teile, dann ist diese Like-Zahl für mich auch schlicht und einfach nicht relevant. Die meiste Zeit funktioniert das „einfach nur mein eigenes Ding machen“ sehr gut. Doch nun gibt es natürlich Kooperationen und hierbei kommen auch Kollegen ins Spiel, die offensichtlich betrügen.
Man sieht, dass man die gleiche Kooperation hat und Kollege XY bekommt mit einer kleineren Followerzahl das Fünffache an Likes. Nicht etwa, weil derjenige das beste Bild aller Zeiten postete und schlichtweg die viel aktivere Community hat (natürlich gibt es diese beiden Fälle auch. Ich spreche hier von Beispielen, bei denen der Like-Kauf für jeden offensichtlich ist), sondern weil derjenige sich mal eben tausende Likes gekauft hat. Ist ja nichts dabei, oder? Da ist um Himmels Willen sehr viel dabei! In anderen Branchen wird ein ähnlicher Betrug mit ziemlich hohen Strafen geahndet. Denn eigentlich ist es doch nichts anderes als das – ein Betrug – nicht wahr? Denn immerhin werden hier nicht nur Follower hinters Licht geführt, der zahlende Kunde zahlt diese meist nicht gerade geringen Beträge für etwas, das nicht existiert.
Zurück zum konkreten Beispiel, wenn man im direkten Vergleich mit dem gleichen Kooperationspartner arbeitet. Wie geht man damit um, wenn man weiß, dass der Kollege offensichtlich betrügt und dies klare Wettbewerbsverzerrung ist? Und wenn – im schlimmsten Fall – der Partner sich über zu schlechtes Engagement bei dem ehrlich arbeiteten Instagrammer beschwert? Ja, das habe ich schon des öfteren mitbekommen und auch schon selbst erlebt. Und dennoch habe ich noch nie einen Kollegen angeschwärzt. Natürlich wird auch mit PR-Kontakten über die Tatsache von Fakes gesprochen, aber konkrete Namen genannt? Nur im Freundeskreis. Das hat nichts mit Feigheit zu tun, sondern vielmehr damit, dass solch ein „Outing“ natürlich extrem große Konsequenzen mit sich ziehen kann. Und möchte/sollte man dafür als Einzelperson verantwortlich sein? Zumal es auch nicht darum geht, Einzelpersonen in die Pfanne zu hauen, sondern vielmehr darum, auf das „große Ganze“ aufmerksam zu machen. Ich kann nur immer wieder auf Tools verweisen, mit denen man solch einen Betrug offensichtlich nachweisen kann und werde nicht müde, Firmen und Agenturen zu bitten, hinter den schönen 10.000-Likes-Schein zu schauen.
An dieser Stelle muss ich noch erwähnen, dass ich von PR-Leuten schon des Öfteren gehört habe, dass sie zwar wissen, dass viele Influencer Follower und Likes kaufen, aber dass der Kunde sich letztendlich nur für die am Schluss aus der Kooperation resultierende Zahl interessiert.
„Wieso tust du dir diese Instagram-Geschichte überhaupt noch an?“ ist eine berechtigte Frage, die hier in den Kommentaren auftauchen könnte. Zum einen schätze ich die App für vieles, lasse mich gerne davon inspirieren. Zum anderen ist sie ein enorm wichtiges Tool, um Leser auf neue Blogposts aufmerksam zu machen. Außerdem setzen auch bei Josie loves viele Firmen auf Instagram und wissen dadurch (zum Glück!) die echte Followerschaft und unsere Arbeit zu schätzen. Denn natürlich gibt es auch die Agenturen und Firmen, die gezielt eine bestimmte Zielgruppe angehen und die meine Kollegen und/oder mich nur aufgrund unserer Arbeit auswählen – so, wie es bei Blogs schon immer war.
Und sollte ich mich irgendwann tatsächlich gezwungen fühlen, auf Instagram auch zu faken, um in dieser Branche und mit diesem Blog weiter zu existieren, dann hänge ich diesen Job vorher an den Nagel. Denn auch wenn alle ihren Partner hintergehen würden, bleibe ich meinem dennoch treu. Denn dieses „es machen doch eh alle“-Argument, das bei diesen Instagram-Gesprächen nicht selten fällt, finde ich irgendwie ziemlich lahm.
Es gibt mittlerweile nur noch sehr wenige Kollegen, für die ich wirklich meine Hand ins Feuer legen würde. Und das finde ich wirklich, wirklich traurig. Natürlich gibt es weitaus mehr, die wirklich ehrlich arbeiten, aber nachdem ich schon so oft von denen „denen man so etwas NIEMALS zutrauen würde“ enttäuscht wurde, würde ich meine Hand nur für eben diese ins Feuer legen, denen ich auch privat voll und ganz vertraue. Wie gesagt, es gibt nach wie vor viele Kollegen, die ich sehr schätze und bei denen ich mir ziemlich sicher bin, dass sie ehrlich arbeiten. Aber darauf schwören würde ich nicht.
Da vermutlich über 95% von euch Lesern außerhalb der Instagram Blase leben (Was ich by the way grandios finde!) und die App maximal privat nutzen, würde mich an dieser Stelle eure neutrale Meinung zu dieser für Außenstehende vermutlich noch viel schräger wirkenden Entwicklung interessieren. Wie würdet ihr mit solch einer gigantischen Wettbewerbsverzerrung umgehen? Wie ist es in anderen Branchen, wenn Mitbewerber offensichtlich im großen Stil betrügen?