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Über den Social Media Selbstoptimierungswahn

Na, wie seid ihr heute Morgen in den Tag gestartet? Mit einer ganz bestimmten Routine, die perfekt auf den jeweiligen Zeitpunkt eures Zyklus, den Blutzuckerspiegel und euer Sternzeichen abgestimmt ist oder „einfach so, wie es sich in dem Moment richtig angefühlt hat?“

Heute möchte ich einmal ein aktuelles Thema näher beleuchten, über das ich mir in der letzten Zeit viele Gedanken gemacht habe, und das ich hier gerne einmal mit euch besprechen möchte. Die Überschrift verrät bereits, worum es geht: um Selbstoptimierung, die momentan auf Social Media auf den Gipfel getrieben wird. Interessante Info am Rande: Trendforscher bezeichnen das 21. Jahrhundert auch als das Zeitalter der Selbstoptimierung. Ja, da ist durchaus viel dran. Denn sowohl sehr bewusst als auch unbewusst beschäftigen wir uns alle viel damit.

Heute möchte ich jedoch nicht über die Alltäglichkeit von Schönheitsoperationen sprechen, sondern vielmehr über die Optimierung unserer physischen und psychischen Gesundheit und aller Abläufe unseres Alltags. Unser berufliches und privates Leben muss so optimiert werden, dass wir alles gleichzeitig schaffen, Supermum und erfolgreiche Geschäftsfrau in einem sind, perfekt aussehen und ganz nebenbei noch Zeit haben, jeden Tag Me-Time einzuplanen. Spoiler: Funktioniert nicht.

Wir leben in einer Zeit, in der es tagtäglich neue Erkenntnisse darüber gibt, was unserer Gesundheit guttut und was ihr schadet. Das ist erst einmal großartig. Denn es ist so wichtig, dass heutzutage viel mehr Bewusstsein für die Bedeutung mentaler Gesundheit da ist. Dass es mehr Möglichkeiten gibt, Dinge zu ändern. Wir immer mehr Erkenntnisse nutzen können, um aktiv ein Problem anzugehen. Aber es ist ebenso wichtig, dass die Selbstoptimierung auch ihre Grenzen hat; sie nicht zu einem Wahn wird und uns komplett einnimmt. Es bei unserem Handeln nicht immer nur um die Maximierung der Leistungsfähigkeit geht.

Auch ich würde sagen, dass ich sehr auf meine Gesundheit achte. Ich trinke viel Wasser, wenig Alkohol, rauche nicht. Mache Sport, bin viel an der frischen Luft. Ich achte auf meine Ernährung und esse weitestgehend gesund. Mein Laster? Ganz klar Schokolade! Dass Zucker nicht gut ist, weiß ich. Deshalb versuche ich, auf meinen Schokoladenkonsum zu achten. Gelingt mal besser, mal schlechter. Und hey, ich freue mich immer, wenn es im Café einen zuckerfreien Brownie gibt und dieser richtig gut schmeckt.

Generell esse ich gerne frisches, gesundes Essen. Und trotzdem würde ich niemals Nein zu einer Portion Pommes sagen. Oder die Chips ignorieren, wenn sie beim Spieleabend auf dem Tisch stehen. Ja, ich weiß, dass Sauerteigbrot gesünder ist als die Laugenbreze. Und trotzdem gibt es für mich manchmal nichts Besseres als eine frische, warme Breze mit Salzbutter. Yummy!

Und obwohl ich beispielsweise mit meinem Porridge mit Nüssen und Beeren im Alltag doch recht gesund in den Tag starte, bekomme ich momentan auf Social Media ständig vermittelt, dass man doch eigentlich gaaanz anders beginnen sollte. In den vergangenen Monaten entfachte ein regelrechter Hype rund um die Regulierung des Blutzuckerspiegels. Am besten einen Löffel Essig vor dem Essen, Kaffee eh erst (wenn überhaupt) Stunden nach dem Aufstehen und unbedingt ein herzhaftes Frühstück statt der süßen Variante. Finde ich solche Tipps interessant? Sicherlich! Möchte ich aus meinem Essverhalten eine Wissenschaft machen und alles ganz genau per App tracken, um jede Mahlzeit bestmöglich zu optimieren? Gewiss nicht!

Je mehr Wissen entsteht, desto mehr wird die Selbstoptimierung auf den Gipfel getrieben. Die Möglichkeiten der Kontrolle, der Leistungssteigerung, der Konservierung der äußeren und inneren Jugend sind größer denn je.

Insbesondere im Bereich Ernährung finde ich es unglaublich wichtig, einen persönlichen Weg zu finden, der dem eigenen Körper gut tut, mit dem man sich aber auch mental wohlfühlt. Und vor allen Dingen ist es doch auch wichtig, dass der individuelle Weg alltagstauglich ist.

Ebenfalls aktuell ein Riesen-Thema auf Social Media: der weibliche Zyklus. Der optimierte Umgang mit den einzelnen Phasen. Wenn ich nach den Zyklus-Tipps auf Social Media gehe, dann bleiben mir im Monat gerade einmal zehn Tage, in denen ich die volle Leistung bringen kann. Circa ab Tag 6 bis Tag 15. Ab Beginn der zweiten Zyklushälfte geht es bergab und laut Social Media soll ich nicht nur während der fünftägigen Menstruationsphase zu Beginn, sondern auch in der gesamten zweiten Hälfte gaaanz low machen. Ganz ehrlich? Schön, wenn jemand die Möglichkeit hat, sich so sehr nach dem Zyklus zu richten, dass alle Aktivitäten daran angepasst sind. Aber wie soll das in einem normalen Alltag bitte gehen? Ich bin froh, wenn ich um die Periode herum etwas langsamer machen kann und nehme mir die Zeit auch, wenn ich sie brauche. Aber immer den ganzen Monat nach dem individuellen Zyklus planen? Funktioniert nicht einmal bei mir, obwohl ich meinen beruflichen Alltag verhältnismäßig flexibel planen kann.

Dass die UV-Strahlen nicht gut für die Haut sind, wissen wir alle. Sonnencreme ist ein absolutes Muss, diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber auch dieses Thema wird momentan medial immer weiter ins Extrem getrieben. Wenn ich bei den Videos bekannter Social Media Dermatologinnen lande, wird gerne einmal vermittelt, dass die Sonne unser allergrößter Feind ist und wir im Sommer am besten keine einzige Minute in der Sonne verbringen dürfen. Denn damit riskieren wir unsere perfekte Haut. Weder alltagstauglich (Tennis im Freien dürfte ich dann im Sommer zum Beispiel nie spielen), noch gut für die Seele. Ich persönlich empfinde pures Glück, wenn mir die Sonne auf die Nase scheint. Und selbstverständlich creme ich mich hierfür gut ein.

Lernen, sich weiterentwickeln, neue Erkenntnisse annehmen und sich persönliche Ziele setzen ist so wichtig. Ich bin froh, dass wir mittlerweile so viel mehr über Körper, Geist und Seele wissen als vor zehn, zwanzig Jahren. Und nichts spricht dagegen, sich auf Social Meda Inspiration für ein gesünderes Leben oder einen optimierten Arbeitsalltag zu holen. Dennoch müssen wir aufpassen, dass die Selbstoptimierung nicht zu exzessiv wird, sie uns mehr stresst als hilft. Wir sind alle individuell und jeder Weg ist anders. Die allerwichtigste Frage ist: Was tut mir gut?

Und nie vergessen: Ein gesundes Maß ist wichtig, in allen Bereichen. In diesem Sinne: Ich wünsche euch einen schönen Start in die neue Woche! PS: Wie immer freue ich mich sehr über eure Gedanken in der Kommentarspalte!

Lese-Tipp: Über Carrie Bradshaw, Altersdiskriminierung und die Grenzen von Body Positivity


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6 Kommentare

  • 09
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    2024
    24
    Sue

    Als Stressmanagement-Trainerin „kämpfe“ ich so sehr gegen die immer steigende Selbstoptimierung. Ein so großer Stressfaktor, der auch immer wieder in meinen Life at 30 Mentorings auftaucht.

    Ich bin ein großer Fan von Balance. Esse die Pommes, wenn ich Lust darauf habe, aber eben nicht jeden Tag (obwohl ich beim Basketball letzte Woche auch 3 Mal Pommes in einer Woche hatte :D). Liebe gesunde Ernährung, aber es darf auch bewusst ein Eis in der Sonne genossen werden. Und vor allem finde ich es wichtig, dass wir Routinen etablieren, die uns guttun. Nur weil wir wissen, dass Yoga, Meditation, ein Spaziergang oder Journaling gut sind, heißt das nicht, dass wir alles in eine viel zu stressige Morgenroutine packen müssen. Und außerdem wird bei all den „Optimierungen“ häufig übersehen, dass wir alle individuell sind. Und vielleicht für uns ganz andere Dinge wertvoll und gut sind als für andere.

    1. 09
      04
      2024
      24
      Sarah - Josie loves

      Du hast sooo recht! Balance ist so wichtig! Und was für den einen gut ist, kann für den anderen das genaue Gegenteil sein.

  • 09
    04
    2024
    24
    Verena

    Tut richtig gut zu lesen! Danke dafür!

  • 09
    04
    2024
    24
    Anna

    Liebe Sarah,

    in Deinem Artikel finde ich mich wieder. „Kleine Kniffe“, die uns das Leben leichter machen, gerne. Aber manchmal habe ich (insbesondere beim Scrollen durch Instagram) das Gefühl, man / ich wäre selbst Schuld, wenn man nicht alles vorhandene Wissen nutzt und möglichst „optimiert“ lebt.

    Für mich persönlich macht es die Mischung, z.B. aus „gesund“ und „etwas unvernünftiger Genuss“ – und nicht die Extreme. Schon mein Opa hat gesagt: Wenn ein „zu“ davor steht, dann ist es nicht gut 😉

  • 10
    04
    2024
    24

    Bin da ganz bei dir! Sehr schön geschrieben. Ich bin so dankbar, dass ich es leicht finde bei mir zu bleiben. Optimierung ist mittlerweile in allen lebensbereichen angekommen. Als Mutter geht es mir wieder so viel besser nachdem ich mehr auf meinen Instinkt höre. Aber auch im beruflichen Kontext erlebe ich das oft. Ich bin Karrierecoach von Beruf und klar ist das Hauptanliegen von vielen sich auch hier zu optimieren und suchen mich deshalb auf. Aber meine Erfahrung zeigt mir auch hier haben sich viele in eine Ecke optimiert die weder auf den einzelnen passt noch überhaupt genossen wird. Also auch hier wieder zurück zur eigenen Stimme finden ist eine Weg der vielen hilft…

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