Ich muss hier und heute mal ein Thema ansprechen, das mich persönlich schon lange beschäftigt. Und die aktuelle (völlig absurde) Debatte rund um Sarah Jessica Parker, ihre grauen Haare und den Sex and the City Reboot „And Just Like That …“ ist ganz genau der richtige Anlass, den Gedanken zu diesem Thema Luft zu machen.
über die Body Positivity Grenzen
Body Positivity – ein Thema, das in unserer Gesellschaft und vor allen Dingen den omnipräsenten sozialen Medien seit ein paar Jahren eine sehr große Rolle spielt. Die Message: „Jeder Körper ist schön!“ Es gibt nicht nur das eine Schönheitsideal und so unfassbar viele verschiedene Körpertypen und Definitionen von Schönheit. Und das ist auch gut so!
Ja, hier ist in den vergangenen Monaten einiges passiert. Zwar dominiert im Modebereich immer noch der „ultraskinny“-Modeltyp, aber Plus Size Models sind nicht mehr die absolute Ausnahme, sondern mittlerweile deutlich präsenter. Auch in der Unterhaltsbranche im Allgemeinen und unter den weltweit bekanntesten Influencerinnen gibt es mittlerweile die unterschiedlichsten Körpertypen. Schlimm, dass man über etwas, das eigentlich völlig normal sein sollte, so etwas sagen möchte, aber: Das ist schön zu sehen.
Nicht, dass wir an den Punkt angekommen wären, an dem Body Shaming keine Rolle mehr spielen würde. Aber in den vergangenen Jahren hat unsere Gesellschaft einige große Schritte auf einem immer noch weiten Weg gemacht.
Doch kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieser Kolumne, das eigentlich ganz klar Part der Body Positivity Bewegung sein sollte, aber das im Gegensatz zu „ein paar Kilo mehr“ bei uns Frauen in keinster Weise akzeptiert wird: äußere Anzeichen des Älterwerdens. Graue Haare. Falten.
Und hier wären wir bei Carrie Bradshaw bzw. genauer gesagt Sarah Jessica Parker. Ich finde es so, so toll, dass beim Sex and the City Reebot „And Just Like That …“ eben die Realität gezeigt wird. Nämlich dass Carrie, Miranda und Charlotte fast zwanzig Jahre nach dem Ende der Serie nicht mehr in ihren Dreißigern sind und auch danach aussehen. Und genau dafür werden sie – allen voran Sarah Jessica Parker – kritisiert.
Wir sind so verdammt gewöhnt daran, dass alle Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, faltenlos sind. Dass graue Haare bei Frauen in den Dreißigern, Vierzigern, ja meist sogar Fünfzigern einfach nicht existieren. Es fällt nur auf, wenn zu viel Botox im Spiel ist. Dass fast jede weibliche Promi-Stirn ab einem gewissen Alter gebotoxt ist oder zumindest Filler im Spiel sind, wird als normal wahrgenommen. Ist nicht der Rede wert.
Ja, ich spreche hier nur von dem optischen Aspekt im Bezug auf Altersdiskriminierung. Das ganze Thema an sich ist natürlich deutlich vielschichtiger. Aber dieser oberflächliche, optische Punkt ist wichtig. Und mir liegt etwas daran, diesen Aspekt hier mit euch zu besprechen.
In einem lesenswerten Interview mit der VOGUE sprach Sarah Jessica Parker unter anderem über Altersdiskriminierung und dieses Zitat blieb besonders bei mir hängen:
„I know what I look like. I have no choice. What am I going to do about it? Stop aging? Disappear?“
Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie schlimm ich es finde, dass eine absolute Ikone sich überhaupt zu diesem Thema äußern muss und wie großartig ich es finde, wie sie hier zum Nachdenken anregt und welch wichtiges Statement sie zu dieser absurden Diskussion abgibt.
An dieser Stelle muss ich auch wieder die Social Media Branche ansprechen. Denn hier sind es leider gar nicht mal so selten diejenigen, die besonders laut im Bezug auf den Körper „Akzeptiert euch wie ihr seid, jeder Körper ist toll“ etc. rufen, die gleichermaßen meinen „ein bisschen Botox hier und eine neue Nase da. Und Hyalouron in den Lippen nicht vergessen!“ ist doch das Normalste der Welt. Meinen Körper soll ich also so akzeptieren, wie er ist, aber das Gesicht nicht? Irgendwie wirkt das alles doch total scheinheilig.
Als ich Ende August 35 geworden bin, sagte ich scherzhaft zu meiner Freundin, dass ich wahrscheinlich die einzige 35-jährige Frau in meiner Branche bin, die noch nie Botox oder Filler verwendet hat. Natürlich ist es nicht ganz so extrem und es gibt noch einige gleichaltrige Kolleginnen, die ebenfalls noch nie mit Botox und Co in Berührung kamen, aber es ist mittlerweile so dermaßen alltäglich geworden, dass jede einzelne Falte sofort weggespritzt wird. Beauty-Docs werben mittlerweile mit den prominenten Kundinnen. Daily Business.
Ich kann mich beim besten Willen nicht davon freisprechen, dass mir diese Dinge nicht auch durch den Kopf gehen. Ja, ich färbe meine Haare, unter die sich nach und nach die ersten grauen Härchen mischen. Das ging übrigens schon mit Ende 20 los. Ja, ich habe mich auch schon einmal über eine Hyualuron-Unterspritzung meiner Augenringe informiert, die mich persönlich stören. Habe ich es gemacht? Nein. Schließe ich es aus? Definitiv nicht! Aber eine kleine Stimme in meinem Hinterkopf sagt immer noch „Lass es!“ Wieso? Vermutlich weil ich Angst davor habe, dass ich einmal anfange und dann eben nie den Punkt finde, an dem ich sage: „Ab jetzt ist es okay, dem natürlichen Alterungsprozess freien Lauf zu lassen.“
So, und wie immer möchte ich das Wort an euch abgeben. Was macht dieser omnipräsente Jugendwahn mit euch? Habt ihr bereits Botox, Filler und Co ausprobiert oder möchtet ihr davon die Finger lassen? Was ist euer erster Gedanke, wenn ihr Sarah Jessica Parker in ihrer Rolle als Carrie Bradshaw fast zwei Jahrzehnte „danach“ seht? Ich würde mich wie immer sehr auf euer Kommentar-Feedback freuen!