Ich habe lange überlegt, ob ich diese Kolumne schreiben soll. Aber in den letzten Monaten habe ich viele, viele Nachrichten zum aktuell so wichtigen Thema Nachhaltigkeit bekommen – zuletzt unter meinem Montags-Update Anfang der Woche. Zum einen kam extrem oft der Wunsch nach Themen auf, die sich mit Fair Fashion, Nachhaltigkeit im Allgemeinen und natürlich nachhaltigem Reisen beschäftigen. Zum anderen gab es immer wieder kritische Kommentare im Bezug auf meine beruflichen Flugreisen. Und da dieses Thema aktuell sehr viele von euch (mich eingeschlossen) beschäftigt, möchte ich heute ein bisschen näher darauf eingehen.
Hier möchte ich ganz konkret als Beispiel erst einmal einen Kommentar unter meinem letzten Montags-Update und meine Antwort darauf zitieren.
„Liebe Sarah, wäre es denn einen Gedanken wert, künftig vielleicht auf Inlandsflüge zu verzichten und die Zeit im ICE (1. Klasse) zum Arbeiten zu nutzen? Wahrscheinlich kompensierst Du Deine Flüge per Atmosfair. Aber es geht doch auch um die Vorbildfunktion? Für Fernreisen kann ich als Inspiration den Film “Weit” sehr empfehlen. Als Bewusstseinsweckung ist neben den monumentalen Kinoerlebnissen “Unsere Erde 1, 2,…” auch der ausgesprochen gute Film “Papst Franziskus” ganz empfehlenswert (“Wir sind alle für den Zustand unseres Planeten verantwortlich”). Bitte verstehe meinen Kommentar nicht als Angriff. Öfter schreibst Du, dass Du den Blog “für die Leser” schreibst. Daher möchte ich – nur für mich persönlich – an dieser Stelle als Feedback rückmelden: Ich würde mir mehr Nachhaltigkeit wünschen. Weniger in Form von reinen Themenartikel (wie zuletzt paarmal von Carina verfasst), als vielmehr durch einen vorgelebten Lebensstil, z.B. im Montagsupdate. Auf ähnliche Weise wie hier “hake” ich übrigens auch bei Supermärkten nach, ob Plastikverpackung wirklich sein muss usw. ;-) „
Meine Antwort:
„Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Und es ist sehr gut, dass du solch ein wichtiges Thema ansprichst. Auch ich beschäftige mich privat mit dem Thema Nachhaltigkeit und achte durchaus auf einige Dinge. Mir ist natürlich bewusst, dass ich hier auf Josie loves auch eine Vorbildfunktion habe. Und ich fahre momentan zum Beispiel auch sehr viel Zug, in München so gut wie nur Fahrrad etc.. Aber ich habe einen Job, für den ich sehr viel reise. Oftmals auch nur für einen Tag in eine andere Stadt, und da komme ich um das Flugzeug einfach nicht herum. Ich bin Lifestyle-Blogger und beschäftige mich primär mit den Themen Mode und Reisen. Dadurch fliege ich natürlich mehr als der Durchschnittsbürger. Alleine dadurch ist es sicherlich problematisch, in genau diesem Bereich als Vorbild voranzugehen. Würde ich mich strikt gegen das Fliegen sträuben, könnte ich meinem Job nicht mehr nachgehen. Ich müsste den Blog komplett umstellen – und das ist sicherlich auch nicht im Sinne der Leser. Ich fliege nicht annähernd so viel wie viele Blogger/Influencer und kaufe auch sicherlich nur einen Bruchteil der Kleidung im Vergleich zu vielen Kollegen, die täglich neue Looks präsentieren (und das soll in diesem Fall auch nicht allgemein als Kritik gelten, denn für viele Kollegen ist es schlicht und einfach ihr Job, täglich neue Inspiration zu zeigen, wenn sie sich auf das Thema Mode fokussiert haben) – dennoch konsumiere ich aufgrund meines Jobs sicherlich mehr als der Durchschnitt. Gerne würde ich hier mehr über Nachhaltigkeit schreiben, aber ich habe in der Vergangenheit auch oft beobachtet, dass Kollegen sich auf ihren Blogs intensiv mit diesem Thema beschäftigt und gezeigt haben, was sie für die Umwelt tun – und sofort wurde auf sie “draufgehauen”, sobald sie es gewagt haben, doch irgendeinen Gegenstand aus Plastik zu zeigen etc. Nicht so einfach. Ich kann nur so viel dazu sagen, dass ich privat mit vielen kleinen Dingen auf die Umwelt achte und aktuell nach einer Lösung suche, wie ich dieses wichtige Thema gut in diesen Lifestyle-Blog integrieren kann.“
In den letzten Tagen und Wochen habe ich viel über dieses Thema nachgedacht. Wenn ich offen und ehrlich bin finde ich es ausgesprochen schwierig, mich hierzu öffentlich zu äußern. Josie loves ist ein Blog, der sich primär mit den Themen Reisen und Mode beschäftigt. Für ersteres fliege ich viel, für zweiteres konsumiere ich sicherlich mehr als der Durchschnitt. Ich habe hier aber auch schon immer betont, dass dies NIEMALS als allgemeiner Maßstab gelten sollte. Ich würde um Himmels Willen niemals sagen, dass ihr genauso oft verreisen sollt wie ich „Beruflich-Reisende“ – aber ich möchte euch für die eigenen Reisen inspirieren.
Nur um euch hier vielfältige Reise- und Modethemen bieten zu können, reise ich selbstverständlich deutlich mehr als die große Mehrheit von euch – aber wie würde der Blog aussehen, wenn ich nur zwei Mal im Jahr in Urlaub fahren und darüber berichten würde? Wie würde die Outfit Kategorie aussehen, wenn ich aufhören würde, mir neue Kleidung zu kaufen? Wie würde die Leserschaft es annehmen, wenn ich meine Kleidung nur noch auf dem Flohmarkt kaufen und Fast Fashion für immer und ewig meiden würde?
Es wird by the way immer kritisiert, wenn ich einen Look zeige, bei dem keines der Kleidungsstücke aktuell ist. „Wie schade, dass man es nicht mehr kaufen kann.“ höre ich sofort, sobald ich ein drei Jahre altes Lieblingsstück zeige. Wie sollte ich also diesem Job nachgehen, wenn ich mich bewusst komplett gegen Konsum sträube?
Ich wurde schon des Öfteren darum gebeten, meine persönlichen Bemühungen im Bezug auf Nachhaltigkeit auf dem Blog zu schreiben. Aber ich will auch an dieser Stelle ehrlich sein und muss sagen, dass ich mich ein wenig davor fürchte zu schreiben, dass ich versuche, Plastik aus dem Weg zu gehen (was voll und ganz der Wahrheit entspricht), weil dann sofort ein Fass aufgemacht wird, wenn ich doch einmal mit Plastik zu sehen bin – das habe ich bei einigen Kollegen des Öfteren mit Schrecken beobachtet. Ich muss ehrlich sagen, dass ich es super schwer finde, 1000% konsequent zu sein. Denn auch wenn man selbst immer, immer, immer mit dem Jutebeutel in den Supermarkt geht, gibt es dennoch viele Situationen, in denen man um Plastik nicht herumkommt. Aber ist man dann gleich ein schlechter Mensch? Wichtig ist doch, dass man sich bemüht und versucht, sein Bestes zu geben! Sei es im Bezug auf Plastik oder beispielsweise auch den eigenen Fleischkonsum. Das mache ich – und das sollten wir alle tun.
Aber wie kann ich in diesem Bereich als „richtiges Vorbild“ vorangehen, wenn ich nicht in einer Hütte in den Bergen lebe, mich ausschließlich von selbstangebauten Produkten ernähre etc. – gibt es dann nicht immer etwas zu kritisieren?
Susan und ich sprechen über dieses Thema aktuell oft, denn es beschäftigt uns beide sehr. Sie hat erst vor wenigen Tagen eine sehr gute Kolumne zum Thema Nachhaltigkeit geschrieben (Hier könnt ihr sie lesen). Ein Auszug daraus:
„Jeder kleine Schritt und jeder Anfang ist wichtig. Wir müssen die Welt gemeinsam zu einem besseren Ort machen und nicht den neuen „Ich lebe aber nachhaltiger als Du”- Wettbewerb ins Leben rufen. Step by step führt eher zu unserem gemeinsamen Ziel, als viele, die aufgeben, weil sie es nicht schaffen, Ihr Leben von jetzt auf gleich radikal zu ändern.“
Wie gesagt, ich möchte hier gar nicht aufzählen, was ich alles mache oder nicht mache. Aber mich ärgert, dass oftmals nur Schwarz und Weiß gesehen wird. Ich fliege beruflich viel, also kümmere ich mich nicht um die Umwelt?!? So einfach ist es nicht. Und ich finde es sehr schade, wenn man automatisch als Umweltsünder abgestempelt wird. Ich möchte mich nicht damit brüsten, wann ich den Zug statt des Flugzeugs nehme, dass wir so oft das Auto tagelang stehen lassen, ich mich selbst in München sowieso nie hinters Steuer setze – sondern stattdessen gaaanz viel Fahrrad fahre. Und dennoch sah ich mich in den letzten Wochen ständig in der Situation, mich rechtfertigen zu müssen. Denn klar, der Flug wird gesehen – die vielen kleinen Dinge im Alltag, die man für die Umwelt tut, natürlich nicht.
Es geht hier jedoch nicht nur um „die Privatperson Sarah“ (die ich bewusst zu großen Teilen auch wirklich privat halte), sondern auch um den „Blog Josie loves“. Ein Blog, der Themen behandelt, die von vielen, vielen tausenden Menschen gelesen werden – und die oftmals beispielsweise durch einen Flug erst ermöglicht werden. Wie würdet ihr reagieren, wenn diese Themen plötzlich wegfallen würden? Wenn ich nur noch Reiseziele vorstellen würde, die man mit der Bahn erreichen kann? Dann wäre Josie loves nicht mehr Josie loves. Und das wäre doch sicherlich nicht in eurem Sinne. Ich kann und möchte auf Nachhaltigkeit aufmerksam machen, euch bestimmte Projekte (Wie beispielsweise Batu Bali) vorstellen, zum Nachdenken anregen. Aber ich möchte dass Josie loves der Blog bleibt, der er ist – und ich nicht ab sofort mit einem Shitstorm rechnen muss, sobald ein neues Kleidungsstück eines Fast Fashion Labels auftaucht. Wie also damit umgehen?
Hier möchte ich sehr gerne (Und ja, ich bin mir durchaus bewusst, dass eine Diskussion entstehen wird) das Wort an euch übergeben – und bin sehr gespannt auf eure Gedanken …