Momentan frage ich mich immer öfter, ob ich noch ein Teil von ihr sein möchte. Der Modewelt, diesem glitzernden großen Etwas, das ich vor vielen Jahren als Mittelpunkt meines Berufslebens wählte. An meiner Liebe zur Mode hat sich nichts geändert, aber mir fällt es immer schwerer, mit diesem völlig falschen Weltbild klarzukommen, das in meiner Branche als „perfekt“ vermittelt wird.
Das langsam aber sicher auch die Bloggerszene eingenommen hat. Schwang zu Anfangszeiten noch die positive Stimmung „Blogger – alias normale Menschen – revolutionieren die Modeszene“ mit, ist mittlerweile der Magerwahnsinn auch in den Bloggerreihen traurige Normalität. Chiara Ferragni, die berühmteste Bloggerin der Welt, scheint wie eine Galionsfigur dieser Bewegung, gibt auch hier den Trend vor.
Ich habe das Gefühl, ihr beim Verhungern zuzuschauen, würde sie am liebsten durch mein Smartphone hindurch schütteln und ihr all die Donuts und Burger geben, die sie regelmäßig auf Instagram zeigt (und sicherlich nicht isst). Nicht nur Chiara hat enorm an Gewicht verloren, auch zahlreiche ihrer internationalen und leider auch nationalen Kolleginnen. Der Körper ist nicht skinny genug? Gott sei Dank gibt es Photoshop und Facetune. Gesichter werden schmaler gemacht, Wangenknochen geformt, Beine vom Umfang nahezu halbiert und gestreckt. „Auf Instagram kannst du nur erfolgreich werden, wenn du skinny bist.“, sind Sätze, die in meiner Branche an der Tagesordnung sind. Wirklich? Ernsthaft?
Das Schlimmste ist jedoch: Es funktioniert. Es sind tatsächlich die extrem dünnen Mädchen, die auf Instagram Hunderttausende begeistern und Beifall für ihre knochigen Körper bekommen. Mir ist durchaus bewusst, dass der Begriff „normal“ im Bereich Körpergrößen und Gewicht breit gefächert ist, dass Größe 34 aufgrund einer Veranlagung genauso das Normalgewicht einer Person sein kann wie Größe 44. Was jedoch wirklich gefeiert wird, sind die Extreme. Size Zero genauso wie die Plus Size Models, die nicht nur moderates, sondern gleich extremes Übergewicht haben (Beispiel Tess Holiday). Und auch wenn die #strongisthenewskinny Bewegung eigentlich positiv sein sollte, so sind es doch nur diejenigen, bei denen wirklich jedes Gramm Fett stahlhartem Muskel gewichen ist, die als Ikonen in den „perfekter Körper“-Olymp gehoben werden. Wieso ist „normal“ so uninteressant geworden? Wieso ist der ursprüngliche Sinn des Bloggens „Normale Frauen zeigen normale Mode“ einfach irgendwo im Nirvana verschwunden? Ich versuche es zu verstehen, aber das gelingt mir nicht. Und so langsam gebe ich die Hoffnung auf, dass die Mode- und insbesondere die Bloggerwelt jemals wieder den Blick für die Realität zuück gewinnen wird …