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Andere Länder, andere Sitten

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Ich hatte schon oft darüber geschrieben, wie sehr das Reisen den Horizont erweitert. Wie sehr es mich in den letzten Jahren geprägt hat und meine Sicht auf die Welt und das Leben veränderte. Es ist etwas völlig anderes, wenn man nur von etwas liest, oder aber ob man das Land und die Kultur vor Ort wirklich erlebt, fühlt, mit eigenen Augen sieht.

Auch die Gespräche mit Menschen aus aller Welt bereichern immer wieder so sehr. Man lernt, wie einseitig die eigene Perspektive oftmals ist. Dass es so viel mehr gibt als die Kultur, mit der man in Deutschland aufwuchs. Doch es geht mir heute mit diesem Text nicht um die Privilegien, mit denen man als weißer Europäer in Deutschland aufwachsen darf. Denen sollte man sich immer bewusst sein. Es geht nicht um unterschiedliche Ausgangssituationen, mit denen man der Welt begegnet, sondern um Bräuche und Sitten. Und darum, das man seine eigene „das wird bei uns so gehandhabt, also ist es das Nonplusultra“-Bubble verlassen sollte.

Die Malediven sind einer dieser Orte, an denen Menschen aus aller Welt aufeinander treffen. Ich erinnere mich an einen Abend, als wir in einem der Themenrestaurants unseres Resorts saßen. Wir waren die einzigen Europäer. An den Nachbartischen saßen Gäste aus Taiwan, den USA, Saudi-Arabien und Russland. Die konkreten Nationalitäten kannten wir in dem Moment zufällig ganz genau, da wir uns an diesem Abend sehr lange mit der Restaurantleiterin unterhalten haben. Diese wiederum kam von Bali, weitere Team-Mitglieder ebenfalls von unserer Lieblingsinsel, der Koch aus Japan und natürlich waren auch ein paar Locals von den Malediven vor Ort. Menschen aus aller Welt, ganz bunt zusammengewürfelt. Viele verschiedene Nationen, viele unterschiedliche Gewohnheiten.

Ein ganz simples Beispiel, das die unterschiedlichen Sitten widerspiegelt, ist das Frühstück. Meine ganz persönliche Leidenschaft. Und hier liebe ich es sehr, mich von den Einflüssen der unterschiedlichsten Länder und Kulturen inspirieren zu lassen. Wie würdet ihr ein typisch deutsches Frühstück beschreiben? Mir kommen direkt Brötchen, Wurst und Käse, Yoghurt mit Obst und Eierspeisen in den Kopf. Oh ja, Spiegelei und Rührei zum Frühstück sind typisch deutsch. Nicht zu vergessen das gekochte Ei. In vielen Ländern sieht das so gaaanz anders aus. Chinesen beispielsweise frühstücken warm, hier kommen gerne Fleischgerichte und deftige Suppen auch schon am frühen Morgen auf den Tisch. In vielen asiatischen Ländern ist Reis zum Frühstück gang und gäbe, und auch mit scharfen Gewürzen wird nicht gespart. Und ich habe mich zu Beginn all unserer fernen Reisen selbst dabei ertappt, wie ich es „irgendwie schräg“ fand, als die Indonesier Nasi Goreng frühstückten. Schnell wurde klar, dass dies nicht schräg, sondern vielmehr ungewohnt ist. Ungewohnt, da wir eben anders aufgewachsen sind.

Und hierzu gibt es unzählige weitere Beispiele. Zum Beispiel unser Schönheitsideal von gebräunter Haut (Selbstbräuner sind mittlerweile längst nicht mehr Nischenprodukt, sondern ein super angesagtes Beauty-Thema). Es gibt so viele Nationen, für die „vornehme Blässe“ das erstrebenswerte Schönheitsideal ist. Das geht so weit, dass sogar Whitening Cremes für das Aufhellen der Haut verwendet werden.

Es schadet übrigens nie, sich vor einer Reise über die gängigen Begrüßungsformen zu informieren. Denn das Händeschütteln ist gewiss kein internationaler Ausdruck von Höflichkeit. Ich habe es by the way während der Corona Zeit ganz und gar nicht vermisst, ständig fremden Menschen die Hand schütteln zu müssen. In manchen Ländern gilt das Händeschütteln sogar als unhöflich. Ebenso Trinkgeld. In vielen asiatischen Ländern ist guter Service eine absolute Selbstverständlichkeit, sodass Trinkgeld sogar als Beleidigung angesehen wird.

Ich finde es so wichtig, über den eigenen (in diesem Falle deutschen) Tellerrand hinauszuschauen, sich auf (für uns) Neues einzulassen, sich mit der jeweiligen Kultur auseinanderzusetzen und andere Sitten anzunehmen. Macht nicht ganz genau das den Charme des Reisens aus? Diversität ist doch etwas Wunderschönes, und der eigene Weg ist immer nur einer von vielen. Nur weil wir mit deutschen Sitten erzogen wurden, heißt dies nicht, dass das „die einzig korrekten“ sind. Die Welt bietet solch eine große Vielfalt und ich empfinde es als so kostbar, diese Vielfalt im Rahmen unserer Reisen erleben zu dürfen.

Dennoch, nicht selten sind diese „andere Länder, andere Sitten“-Momente im ersten Moment kurios. Manchmal blickt man nicht nur vorsichtig über den Rand des Tellers, sondern fällt direkt im hohen Bogen herunter. Wir erlebten so viele lustige Situationen auf unserer Weltreise und haben nicht selten Tränen gelacht. Erinnert ihr euch noch an die „Zehn spannende, amüsante und kuriose Fakten„-Serie? Wir lernten damals so richtig die Bedeutung von „typisch deutsch“ kennen, hatten so einige Aha-Momente. „Typisch deutsch“ ist vielleicht für uns oftmals sinnvoll und fühlt sich richtig an, ist in vielen Fällen international betrachtet aber eher ungewöhnlich.

Wo ich an meine „andere Länder, andere Sitten“ Grenzen stoße? Wenn es um Unterdrückung von Frauen geht. Denn auch nach so vielen Jahren auf Reisen, vielen Begegnungen und Offenheit für andere Kulturen bin ich noch der 100%igen Überzeugung, dass unsere Sichtweise – nämlich dass alle Menschen gleich sind und niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden sollte – die einzig Richtige ist.

Es macht mich wütend zu sehen, wenn ein Mann in Badeshorts und lässigem Shirt zusammen mit drei komplett verschleierten Frauen bei 30°C auf den Malediven zum Frühstück läuft. Wenn die Frau nicht selbst mit einem anderen Mann sprechen darf, sondern der Mann antwortet, wenn sie angesprochen wird. Wusstet ihr, dass Frauen aus Saudi-Arabien bis 2019 (!) ohne die Genehmigung ihres männlichen Vormunds nicht einmal das Land verlassen durfte? Bizarr. Ein anderes Thema, auf das ich eventuell bald noch einmal in einer separaten Kolumne näher eingehen werde.

Nun möchte ich das Wort an euch übergeben: Welche lustigen, interessanten, kuriosen und bereichernden „Andere Länder, andere Sitten“-Erlebnisse sind euch in Erinnerung geblieben? Ich freue mich auf eure Reisegeschichten!


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1 Kommentar

  • 30
    07
    2022
    22
    Marla

    In besonders guter Erinnerung ist mir die Freundlichkeit, Offenheit und Hilfsbereitschaft der Amerikaner und Kanadier. Fremde in der Öffentlichkeit einfach ansprechen, Neugier zeigen, ein bisschen Smalltalk machen – no problem. Als wir vor einer Großstadt auf der äußersten rechten Autobahnspur unterwegs waren und merkten, dass wir viel weiter nach links wechseln mussten, wurden wir über mehrere Spuren hinweg problemlos „durchgereicht“. Solche Rücksichtnahme während der Rushour findet man hierzulande eher selten. Überhaupt: Der Straßenverkehr in anderen Ländern. In Rom z. B: fanden wir den zunächst chaotisch, bis wir merkten, dass dort allen Verkehrsteilnehmern mehr Aufmerksamkeit und Eigenverantwortung sowohl zugetraut als auch abverlangt wird und letztlich alles sehr wohl funktioniert, ohne dass reihenweise Fußgänger umgefahren werden oder Fahrzeuge crashen.
    Auf Reisen gestört hat mich leider der oft lässige Umgang mit Recourcen und die Vermüllung der Umwelt besonders hinter den Hotelanlagen, wo sich vermeintlich keine Touristen aufhalten. Vorne hui, hinten pfui, könnte man sagen. Immerhin lassen sich mit den Jahren Fortschritte erkennen.

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