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Wie ist es eigentlich, auf Bali zu leben?

Heute möchte ich die erste Ausgabe einer neuen Josie loves Kategorie mit euch teilen, auf die ich mich persönlich sehr freue. Auf unseren Reisen treffen wir unglaublich viele inspirierende Menschen, die selbst an diesen außergewöhnlichen Destinationen leben, sich ganz besondere Reiseträume erfüllt haben oder aber durch ihren Job viel Zeit an Orten verbringen können, von denen andere nur träumen. Und genau solche Personen möchte ich euch ab sofort regelmäßig in einer neuen Interview-Serie vorstellen.

Los geht es mit Desiree Morgenstern, die ich hier ab sofort mit ihrem Spitznamen Desy nennen werde. Desy und ihre Schwester Chantal lernten wir im Januar 2018 kennen, als sie uns ihr Label Batu Bali (hier hatte ich es euch genauer vorgestellt) präsentierten. Desy lebt seit nunmehr acht Jahren auf Bali und ich fand es unglaublich spannend, was sie über das „Daily Life“ auf unserer Lieblingsinsel erzählte. Wir verstanden uns bei unserem ersten Treffen so gut, dass wir seitdem regelmäßig im Kontakt stehen und ein gemeinsames Abendessen bei unserer Bali Reise im Januar selbstverständlich auch auf dem Programm stand. 

Desy betreibt neben ihrem eigentlichen Job als Dolmetscherin zusammen mit ihrer Schwester Batu Bali und kümmert sich außerdem aufopferungsvoll um Straßenhunde. Welche Hürden sie im Alltag auf Bali bewältigen muss, wie sie die Tourismus-Entwicklung bewertet und was man beachten muss, wenn man als Europäer einen balinesischen Straßenhund adoptieren möchte, das hat sie mir in unserem Interview beantwortet.

Josie loves: Du bist vor acht Jahren mit gerade einmal 21 Jahren alleine nach Bali ausgewandert. Was ist die Geschichte dahinter?

Desy: Mehr oder weniger die typische Klischee-Geschichte: meine Schwester und ich flogen nach Bali, ich war damals beruflich ziemlich ausgelaugt und privat sehr unglücklich. Nur wenige Tage nach unserer Ankunft wusste ich, dass ich nach Bali ziehen MUSS (zumindest für eine Weile…). Gesagt, getan. Die Entscheidung zu treffen fiel mir sehr leicht, auch wenn das Leben hier, besonders zu Beginn, alles andere als einfach war.

Josie loves: Wie kann man sich deinen Alltag auf Bali vorstellen?

Desy: Definitiv nicht „normal“! Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das nun positiv oder negativ ist. In der Regel stehe ich sehr früh auf, meist gegen 3.00 Uhr (manchmal früher, manchmal später). Dann versuche ich, soviel Arbeit wie möglich zu erledigen, bis die Hunde dann gegen 6.00 Uhr wach werden. Kurz darauf gehen wir bis circa 8.30 Uhr spazieren und anschließend gibt es Frühstück. Auch für uns. Glücklicherweise sind alle vom Spaziergang erledigt und schlafen bis circa 16.00 Uhr. Das gibt mir genügend Zeit um mich um andere Dinge zu kümmern. Sei es nun für meinen eigentlichen Job, unser anderes Projekt Batu Bali oder „Hundekram“ – sprich Hunde von A nach B kutschieren, Arztbesuche, Medikamente verteilen, Futter an Familien ausliefern, Sterilisationstage organisieren usw. Manchmal steht aber auch nichts an, bzw. nur Kleinigkeiten, die verschoben werden können und wir lungern am Pool rum oder unternehmen Ausflüge. Selbst nach all den Jahren habe ich noch nicht alles gesehen und es gibt noch so viel auf der Insel zu entdecken. Gegen 16.00  Uhr geht es nochmal zwei Stunden mit allen raus und anschließend gibt es Abendessen. Danach mache ich drei Kreuze, dass alle schlafen und ich ganze elf Stunden Ruhe vor den Vierbeinern habe. 😂 Irgendwie klingt das langweilig, ist es aber definitiv nicht!

Josie loves: Für mich klingt das ehrlich gesagt alles andere als langweilig, sondern nach einem prall gefüllten, abwechslungsreichen Alltag. Kommen wir zu meiner nächsten Frage. Für viele ist „Leben auf Bali“ gleichzusetzen mit „auswandern ins Paradies“. Wahrheit oder Illusion?

Desy: Nun ja… es kommt drauf an. Man sollte auf jeden Fall ein Einkommen haben. Ansonsten wird’s mit „leben auf Bali“ nichts. Wie in jedem Land hat das Leben hier seine Vor- und Nachteile. Es ist zum Beispiel viel schwieriger hier, Freunde zu finden, die längere Zeit auf der Insel verweilen. Wobei sich das in den letzen Jahren im Zeitalter der „Digital Nomads“ etwas gebessert hat. Styling Trends etc. spielen hier keine Rolle und selbst wenn, gibt es kaum die Auswahl, die es beispielsweise in Deutschland gibt. Dafür kann man hier allerdings barfuß mit dem Roller durch die Gegend fahren. Dieser Bali Lifestyle ist nichts für jeden, aber für mich gibt es keinen anderen Ort, an dem ich mich so frei fühle.

Josie loves: Was sind die größten Hürden, die man als Europäerin im balinesischen Alltag zu bewältigen hat?

Desy: Wie du sicherlich weißt, läuft hier alles in jeder Hinsicht etwas langsamer. Aus heute wird übermorgen, aus „wir sind in 3 Tagen fertig“ wird ein Monat … und selbst nach so vielen Jahren auf der Insel, kann ich mich noch immer nicht daran gewöhnen und ertappe mich regelmäßig dabei, meine Frustration zu unterdrücken, um nicht unfreundlich zu werden. Dann ist da natürlich noch der Verkehr! Besonders in den touristischen Regionen ist es ein tägliches Stop and Go! Für eine Strecke von ungefähr vier Kilometern braucht man ganz leicht mindestens 30 Minuten. Meine Schwester und ich sind relativ früh mit unseren Eltern nach Kairo ausgewandert und deswegen waren uns Dinge wie dreckige Straßen und Ungeziefer bekannt, nur kann ich mir vorstellen, dass das viele stören würde…

Josie loves: Was vermisst du an Deutschland?

Desy: Nicht besonders viel, um ehrlich zu sein…. außer vielleicht: die Auswahl in den Supermärkten. Importierte Lebensmittel sind hier ziemlich teuer. Eine Dose Bohnen kostet beispielsweise ungefähr 4 Euro, Mandelmilch ganz locker 9 Euro. Produkte wie Vollkornnudeln, gefrorener Spinat und vieles mehr sind hier überhaupt nicht verfügbar. Das ist nicht weiter tragisch, da wir hauptsächlich lokal einkaufen und eine Riesen-Auswahl an tropischen Früchten und Gemüse haben. Aber wenn ich etwas ein wenig vermisse, dann das!

Josie loves: Wie beobachtest du die Tourismus-Entwicklung auf Bali?

Desy: Besonders in den letzten 3-4 Jahren hat der Tourismus extrem zugenommen! Auf der einen Seite ist es natürlich schön, noch mehr Auswahl an Restaurants zu haben. Arbeitsplätze werden geschaffen, Gehälter steigen – nur hat das natürlich auch Nachteile. Das Leben hier wird teurer, genauso wie das Land, das auch oft weichen muss, da mehr gebaut wird, Menschen werden gieriger etc. Es ist wohl beides, Segen und Fluch zugleich… 

Josie loves: Wir haben uns vor zwei Jahren kennengelernt, als du uns zusammen mit deiner Schwester Chantal euer Projekt Batu Bali vorgestellt hast. Wie hat sich das Projekt seitdem entwickelt?

Desy: Stimmt, wir haben uns ganz zu Beginn von Batu Bali kennengelernt. Du warst gerade auf der Insel und da ich deinen Blog seit Jahren verfolge, dachten wir uns: Lass uns ihr einfach schreiben! Es ist viel passiert. Bei Batu Bali allerdings recht wenig. Um ehrlich zu sein war es ein „Herzensprojekt“ und wir sind höchst motiviert gestartet, haben allerdings schnell gemerkt, wie schwierig es ist, eine „Firma“ auf Bali zu haben. Ja, selbst hier müssen wir uns ab und an mit Bürokratie herumschlagen. Das und unsere nicht vorhandenen Marketing Kenntnisse, gepaart mit dem plötzlichen Tod eines Bekannten, der uns 38 Hunde hinterließ und unseren anderen (damals 21) Hunden zuhause, haben leider dazu geführt, dass Batu Bali etwas in den Hintergrund gerückt ist. Jetzt haben wir uns allerdings dazu entschlossen, das Ganze noch einmal zu starten und uns diesmal nicht so leicht unterkriegen zu lassen.

Josie loves: Du hast die Hunde gerade angesprochen, da wären wir auch direkt bei meiner nächsten Frage. Ihr engagiert euch seit Jahren für Straßenhunde, habt vor einiger Zeit Bali Paws gegründet. Wie kam es dazu?

Desy: Bali happened! Die unzähligen (kranken) Hunde hier gehören ebenso zur Insel, wie das satte Grün der Reisfelder. Wir wollten niemals so viele Hunde aufnehmen, nur haben wir nicht wirklich eine Wahl. Tierschutzgesetze sind hier ein Witz und werden auch als solcher behandelt. Lustig ist es allerdings nicht, wenn du fünf Welpen in einer Plastiktüte im Fluss findest, die gerade mal zwei Tage alt sind, oder Hunde mit offenen Schädeln, Hunde die weggeworfen wurden, weil sie irgendeine Hautkrankheit haben etc. Ob wir nun wollen oder nicht, wir können nicht wegsehen und versuchen so viel und so gut wir können, das Leben dieser tollen Wesen zu verbessern.

Josie loves: Wie motiviert ihr euch für diese sehr fordernde Aufgabe?

Desy: Gute Frage. Ich spiele es oft runter, aber es ist tatsächlich hart. Emotional ist es besonders schwierig. Wir Menschen können sehr grausam sein und es verletzt mich an manchen Tagen zutiefst, in welchem Zustand die meisten Hunde sind, die wir finden. Ich begreife nicht, wie Menschen unschuldige Tiere so quälen oder vernachlässigen können. Umso schöner ist es allerdings, wenn das Leben einer dieser Hunde komplett verändert wird und das nur, weil sich jemand dazu entschieden hat, dieses Tier zu adoptieren. Diese Freude die ich dann für den jeweiligen Hund empfinde motiviert mich und gibt mir immer das Gefühl, dass sich all die Mühe lohnt …

Josie loves: Hat sich die Situation in den letzten Jahren verbessert?

Desy: Ich würde mal behaupten: Nein! Das liegt unter anderem sicherlich daran, dass der Bedarf an „Rassehunden“ größer als je zuvor ist. Die Anzahl der sogenannte Züchter, die überhaupt keine Ahnung haben, was sie da treiben, ist leider gestiegen. Rassehunde sind eine Art Statussymbol und werden meist in den Käfig gesperrt. Diesen verlassen sie erst, wenn sie krank genug sind, um ausgesetzt zu werden. Aber auch Bali Hunde haben es hier sehr schwer. Mittlerweile gibt es mehr Aufklärungsarbeit und Sterilisationen, nichtsdestotrotz haben viele Menschen Angst vor ihnen. Das gibt den Leuten einen Grund, sie zu treten, zu schlagen oder zu vergiften, oder auf andere Weise zu töten.Dann ist da natürlich noch die Sache mit dem Hundefleisch. Auch wenn das Thema vor einiger Zeit groß in den Medien war, ist der Konsum noch immer legal. Quälen ist nicht erlaubt, verspeisen allerdings schon.

Josie loves: Ihr vermittelt Hunde-Adoptionen nach Deutschland. Was muss ich beachten, wenn ich einen Hund auf Bali adoptieren und mit nach Deutschland nehmen möchte?

Desy: Nun ja…. Es ist nicht wirklich legal, Tiere ein-oder auszuführen. Das gilt aber nur für Bali und nicht für das restliche Land. Also nehmen wir mal an, du möchtest einen Hund aus Bali. Dieser muss geimpft und gechipt werden und zusätzlich noch einen Bluttest abgeben, um Tollwut 100%ig auszuschließen. Drei Monate nach dem Testergebnis kann der Hund auf magische Weise in Jakarta auftauchen und legal nach Deutschland fliegen.

P.S.: Wusstest du, dass der „Bali Dog“ die älteste Rasse der Welt ist?! Sogar älter als der australische Dingo! Einer der letzten indigenen Hunde! Wir merken täglich wie speziell sie sind, ganz anders als alle Hunde, die wir davor kannten.

Josie loves: Wie finanziert ihr euch? Kann man euch mit Spenden unterstützen?

Desy: Hauptsächlich von unseren Ersparnissen. Das kann allerdings nicht mehr lange so weitergehen, unsere monatlichen Kosten gleichen locker einem Durchschnittsgehalt. Deswegen haben wir uns nun dazu entschieden, dass die Leute auf unserer Website www.batu-bali.com selbst entscheiden können, wohin die 50% ihrer Spende bei dem Kauf eines Armbands gehen.

Desys Schwester Chantal 

Josie loves: Heute in zehn Jahren werde ich …

Desy: Oh Gott… meinen Traum von einem Restaurant hier auf Bali erfüllt haben und eventuell mit weniger als zehn Hunden zusammen leben….

Tausend Dank für das spannende Interview, liebe Desy. Ich verfolge mit ganz großer Begeisterung euer Engagement auf Bali und freue mich schon sehr auf unser nächstes Wiedersehen auf der Insel!

Bilder: Desiree Morgenstern


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3 Kommentare

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    Alexandra

    Liebe Sarah, danke für diesen unglaublichen Artikel. Da ich ja selbt begeisterte Hundehalterin bin
    (Emma kommt aus Spanien) und ich aus eigener Hand weiß wie schwer es für die Helfer vor Ort ist, bin ich immer noch sprachlos vor Begeisterung. Du hast so eine Reichweite, so viele lesen deine Artikel, es wird Desy sicher sehr helfen. Ich gehe jetzt auch gleich auf ihre Seite einkaufen.
    So vielen Dank-das Thema ist nicht populär (ich werde immer angefaucht warum ich keine Kinder untersütze sondern Hunde) danke das du das aufgegriffen hast. Natürlich ist der Hintergrund deine neue Interview-Serie aber Hut ab und danke das du dieses Thema gewählt hast – und Desy <3.

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      Alexandra

      PS-die Armbänder sind so wunderschön, ich hoffe es schauen noch viele auf ihre Seite. Ich habe für die Spende natürlich die Pfoten ausgewählt.

      1. 20
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        Es freut mich sehr zu lesen, dass du Batu Bali und die Hunde direkt unterstützt hast. Danke dir! <3

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