„Wie viele Follower hast du?“ werde ich gefragt. „Meinst du, wie viele Klicks Josie loves hat?„, antworte ich. „Nee, ich meine die Instagram-Follower.“ bekomme ich als Antwort. Eine Situation, die ich in den letzten Monaten fast täglich erlebe. Anfangs sagte ich zu meiner Followerzahl „Ich konzentriere mich auf meinen Blog, Instagram ist nur eine nette Ergänzung“ noch dazu. Mittlerweile spare ich mir diese Ausführung.
Man hat teilweise das Gefühl, dass all der jahrelang produzierte Content, eine große, treue Leserschaft plötzlich in Augen mancher (Gott sei Dank nicht aller!) nichts mehr wert ist. Ich spreche hier nicht nur von mir, sondern von fast allen Bloggern, die seit vielen Jahren dabei sind. Man kann von einem Instagram-Account beim besten Willen nicht 1:1 auf einen Blog schließen. Die Blog-Instagram-Relation stimmt fast nie überein. Es gibt unzählige Instagram-Accounts mit unfassbar vielen Followern. Fast täglich stoße ich auf Instagram-Accounts im deutschsprachigen Raum mit sechsstelligen Followerzahlen, von deren Blog ich noch nie etwas gehört habe.
Manche Mädels treffen mit ihrem Feed den Nerv der Zeit/Stunde/Minute und bauen innerhalb von zwei Monaten 100.000 Follower auf. Der Blog? Ja, den gibt es, aber dieser hat nur wenige Besucher am Tag. Und dieser Blog ist plötzlich das Zehnfache wert von einem langjährig aufgebauten, reichweitenstarken Blog, der eben nur 10.000 Instagramfollower hat, da die Bloggerin sich beispielsweise selbst fast nie zeigt, stattdessen tausendfach geklickte, wunderbare Texte schreibt? Das klingt so absurd, aber es gibt dennoch einige Menschen in dieser Branche, die so denken.
Momentan wird so viel Geld und Werbebudget in Instagram gesteckt, dabei kann man den Erfolg eines Bildes/einer Kampagne noch nicht einmal wirklich messen, denn nach wie vor kann man von Instagram aus nicht auf eine Website verlinken. Den Traffic bzw. auch die Verkäufe, die von einem Blog aus kommen, können klar gemessen und von der Marke ausgewertet werden.
Absurd finde ich übrigens auch, dass immer wieder die Like-Follower-Relation als Indiz für gekaufte Fans genannt wird. Jeder weiß, dass man mittlerweile auch Likes kaufen kann. Oder aber man investiert jeden Tag viele Stunden, um Likes und Kommentare en masse bei anderen Accounts zu hinterlassen. Denn auch das funktioniert. Instagram ist eine Community und lebt von der Interaktion. Viele hinterlassen ebenfalls gerne einen Like, oder Kommentar, wenn sie eben diese von einem anderen Instagrammer bekommen haben. Wer jeden Tag viele Stunden Fleiß in seinen Instagram-Account gesteckt hat, verdient sicherlich seine dadurch hohe Followerzahl und all die Likes und Kommentare unter seinen Bildern.
Aber macht dies die Person zum besseren Blogger (alias besserem Schreiberling und/oder Fotografen) als jemanden, der beispielweise aufgrund eines 40-Stunden-Jobs keine Zeit für stundenlange Like-Aktionen hat, aber jede freie Minute liebevoll in seinen Blog steckt? Wohl kaum!
Ich verstehe, dass ein Blogger auf den Social Media Kanälen präsent sein muss. Aber eigentlich sollten diese Kanäle doch eine Ergänzung bzw. ein Support des Wesentlichen sein: Des Blogs.
Genauso wie Print neben Online existieren kann, sollten Blogs neben Instagram existieren und nicht über einen Kamm geschert werden. Von einer erfolgreichen Print-Redakteurin wird nicht erwartet, auch einen erfolgreichen Blog zu führen. Warum wird von einem etablierten Blogger automatisch verlangt, hunderttausende Follower auf Instagram zu haben?
Bei manchen ist der Instagram-Ruhm absolut gerechtfertigt. Die Bilder sind wundervoll, besonders, und man merkt, dass ein tolles Konzept und viel Arbeit dahinterstecken. Bei anderen gibt es doch einen leider mittlerweile ganz und gar nicht mehr seltenen Faktor: Der Kauf von Followern. Und das sind mittlerweile unzählige Kolleginnen, die bei ihren Instagram-Zahlen nachgeholfen haben. Manche offensichtlicher, andere cleverer. Die Firmen scheinen dies nicht zu bemerken. Ganz ehrlich? Ich kann diejenigen, die dem Druck nicht mehr standhalten konnten, verstehen. Dennoch möchte ich daran festhalten, nicht künstlich an meiner Followerzahl nachzuhelfen. Ob das mittlerweile noch klug ist? Ich weiß es nicht! Wahrscheinlich ist es dumm und naiv, nicht mal eben einige tausend Follower dazu zu kaufen, wenn es doch fast alle tun. Und damit auch noch durchkommen. Aber mit dem Fake-Gedanken komme ich nicht klar.
Es geht vielen blind und einzig und allein um Zahlen. Nicht falsch verstehen: Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass aus Instagram ein so großes Business geworden ist und ich finde es schön, dass man mit dieser App Karriere machen kann. Aber: Ich finde es schlimm, dass plötzlich alle in einen Topf geworfen werden. Wer mit Texten und Geschichten auf seinem Blog erfolgreich ist, muss plötzlich genauso erfolgreich mit der Instagram-Norm entsprechenden Bildern innerhalb dieser App sein.
Vor einem halben Jahr habe ich beschlossen, auf Instagram wieder „Back to the Roots“ zu gehen, mich nur auf die Blogleser zu konzentrieren und diesen auf Instagram Behind the Scenes Eindrücke zu zeigen. Und ich bin gescheitert. Für mich war es vollkommen okay, auf Instagram keinen Erfolg zu haben, immerhin habe ich einen gut laufenden Blog, auf den ich mich konzentrieren möchte. Ich wollte nicht für eine App meine Bildsprache ändern, eben das posten „was auf Instagram halt gut läuft“ und ständig Bilder von mir selbst knipsen. Das bin einfach nicht ich. Der Instagram-Ruhm sei anderen von Herzen gegönnt. Ich brauche ihn nicht. Dachte ich. Denn wenn plötzlich meine Blog-Arbeit anhand meines Instagram-Accounts beurteilt wird, dann habe ich ein Problem damit. Sogar ein sehr großes!
Masha schrieb vor kurzem einen sehr treffenden Satz: „Ich bin zu viel Blogger – und zu wenig Influencer“. Das war zwar primär auf Snapchat (und das ist wieder ein ganz anderes Thema) bezogen, aber dennoch finde ich ihn hier sehr passend.
Ich bin beim besten Willen niemand, der sich vor Neuem verschließt und habe in den letzten Jahren viele Trends kommen und gehen sehen. Manche habe ich mitgemacht, andere nicht. Ich habe viel ausprobiert, mich aber nie verbogen. Doch was ursprünglich als Trend begonnen hat, veränderte die Branche in den letzten Monaten radikal.
Man hat nur mit einem Personen-Hype überhaupt eine Chance auf sogenannten „Insta-Fame“. Glück gehört bei zehntausenden Konkurrentinnen natürlich auch dazu. Um es bei Instagram nach oben zu schaffen muss man zum Beispiel als Style-Blogger mit außergewöhnlich tollen Looks, die kontinuierlich gepostet werden, überzeugen. Oder aber man fasziniert als Person so sehr die junge Community, dass Hunderttausende folgen und sich an jedem Update ihres Idols erfreuen. Dafür muss man aber auch immens viel von sich preisgeben, und dazu ist auch nicht jeder bereit. Da wären wir auch wieder bei der Generation Snapchat. Eine Alternative: Man hat ein wirklich so unfassbar tolles nicht auf eine Person bezogenes Instagram-Konzept, mit dem man sich extrem von anderen abhebt. Wie beispielsweise lichipan. Doch das ist ein Vollzeitjob. Sollte man ab sofort nur noch ein bis zwei Mal die Woche bloggen, dafür aber tägliche viele Stunden mit Instagram verbringen? Ist das die einzige, langfristige Überlebenschance in dieser Branche?
Ja, ich mache mir Sorgen. Um das Medium Blog. Um all die Texte, die wunderbaren Bilderstrecken, die wertvollen Tipps, und die langen Geschichten, die das Internet revolutioniert haben. Man kann nur hoffen, dass langfristig harte Arbeit und treue Leser zählen und diese nicht hinter einer oftmals künstlich aufgebauschten Social Media Zahl verschwinden.