In drei Tagen ist Bundestagswahl, und nein, das ist keine abgedroschene Phrase, wenn ich schreibe: Es ist wichtiger denn je, wählen zu gehen. Es ist WIRKLICH wichtiger denn je! In einer Zeit, in der die politische Landschaft von Polarisierung geprägt ist, in der Fake News die sozialen Medien fluten und in der viele einfache Antworten auf komplexe Probleme versprochen werden, müssen wir uns als Gesellschaft klar positionieren und unsere Stimme nutzen.
So gerne ich hier auf Josie loves über die schönen Dinge des Lebens schreibe, so wichtig war es mir auch schon eh und je, Stellung zu Themen zu beziehen, die mir am Herzen liegen, die uns als Gesellschaft und mich als Person beschäftigen. Und dazu zählt aktuell natürlich auch die Bundestagswahl 2025.
In den letzten Tagen und Wochen habe ich wie sicherlich viele von euch zahlreiche Auftritte von Olaf Scholz, Robert Habeck, Friedrich Merz und Alice Weidel in verschiedenen Sendungen verfolgt, gefolgt von Faktenchecks, die leider nie live, sondern immer erst im Anschluss online veröffentlicht wurden. Erschreckend, was für eine Plattform Alice Weidel für ihre Falschaussagen bekam. Aber ja, leider ist auch das Demokratie.
Das Erschreckende: Je mehr ich dachte „Okay, jetzt hat sie sich entlarvt. Jetzt kann doch unmöglich noch irgendwer auf die AfD reinfallen“, je mehr Kommentare gab es danach auf Social Media, die alles rechtfertigten und relativierten. Die Schuld wurde auf die Moderatorin, das Publikum geschoben, wenn Alice Weidel strauchelte. Falschaussagen wurden einfach hingenommen, nicht gegengecheckt. Statt die Fakten zu hinterfragen, fällt ein großer Teil der Menschen auf diese populistischen Lügen herein. Die anderen sind die Bösen, die AfD sei „die einzig wählbare Partei“. Statt sich mit den realen Problemen auseinanderzusetzen, wird nach einfachen Sündenböcken gesucht, die man für alles verantwortlich machen kann. Und fleißig werden die Kommentare mit blauen Herzen garniert.
Ganz ehrlich? Ich kenne eigentlich niemanden, der mit der Politik der letzten Jahre wirklich zufrieden ist – auch ich war und bin es nicht. Aber eines sollte man bei all der Kritik nicht außer Acht lassen: In den vergangenen Jahren haben wir in Deutschland und weltweit zahlreiche Krisen durchlebt. Diese Regierung musste inmitten globaler Herausforderungen agieren, die weit über das deutsche politische Geschehen hinausreichen. Die Folgen der Pandemie, Energiekrisen, der Krieg in der Ukraine – all diese Entwicklungen haben vieles erschwert. Der globale Kontext wird oft übersehen, doch mit solchen Problemen hätte es auch jede andere Regierungskonstellation schwer gehabt.
Dennoch hat sich die Ampel-Regierung nicht mit Ruhm bekleckert: Statt konsequent gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und demokratisch an einem Strang zu ziehen, haben sich die Parteien häufig gegenseitig blockiert und bekämpft.
Demokratie muss aushalten, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Dass uns nicht allen die gleichen Themen gleich wichtig sind. Aber hier ist kein Platz für Fake News. Die Meinung darf nicht aufgrund von falschen Tatsachen, Lügen und unrealistischen Versprechungen gefasst werden. Genau das macht mich im Bezug auf die AfD so fassungslos. Da stellt sich eine Kanzlerkandidatin hin und haut Aussagen und Versprechen raus, die Menschen hören wollen, ohne auch nur einen Hauch klar begründen zu können, wie sie das alles wirklich umsetzen möchte. Alice Weidel fällt regelmäßig durch Faktenchecks bei ihren Aussagen zur Energie- und Wirtschaftspolitik und dennoch wird sie von einem Fünftel der Deutschen als DIE Lösung für unser Land gesehen. Das erinnert so sehr an die USA und Trump. Und ich habe ganz nebenbei bemerkt vor der Wahl in vier Jahren sogar noch mehr Angst als vor dieser.
Ein häufiges Argument von AfD-Anhängern ist, dass man „ ja nichts mehr sagen darf“. Doch das ist nicht die Realität. In Deutschland haben wir Meinungsfreiheit, und das bedeutet, dass jede und jeder seine Meinung äußern kann – auch in den sozialen Medien. Aber Meinungsfreiheit heißt nicht, dass alle Aussagen sachlich und wahr sind. Falschinformationen dürfen keine Grundlage für politische Entscheidungen sein, und hier sind wir als Gesellschaft gefragt, Verantwortung zu übernehmen.
Nun möchte ich euch von einer Situation erzählen, die wir vor ein paar Tagen in einem Café auf Sylt erlebten. Hinter uns saßen vier ältere Damen, die sich zum High Tea trafen. Alle hübsch gekleidet, gut gelaunt. Sie redeten, wie man so schön sagt „über Gott und die Welt“. Ziemlich laut, weshalb wir immer wieder einiges von ihrem Gespräch mitbekamen. Und da kam dann nach Gesprächen über ihre Häuser, den kalten Ostwind, die Enkel und ihre Reisen irgendwann auch das Thema Politik auf. Und dann kam eine Aussage, die mich aufhorchen ließ: „Die Jungen wählen alle Grün, weil die denken, dass sie wirklich etwas für sie tun. Dabei kann man doch nichts für bare Münze nehmen. Der Habeck bekommt ja gar nichts auf die Reihe. Die Alice Weidel ist die einzige, die wirklich macht, was sie sagt.“ Ich war wie vor den Kopf geschlagen, denn ich hätte in diesem Rahmen niemals mit so einer Meinung gerechnet – von Menschen, die eindeutig nicht ungebildet sind und eine privilegierte Position im Leben genießen. In dem Moment dachte ich mir, dass wir kein Recht haben, in ihr Gespräch „einzuschreiten“, im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht den Dialog mit ihnen gesucht habe.
So schön ich die Bilder aus München von 250.000 Menschen fand, die für die Demokratie auf der Theresienwiese demonstrierten, so kam mir vor allem ein Gedanke: Auf Demos oder mit bunten Plakaten wird man kaum jemanden erreichen, der ernsthaft glaubt, die AfD sei die einzige Lösung für alle gesellschaftlichen Probleme. Jemand, der aufrichtig glaubt, dass Migranten der Ursprung allen Übels sind und die AfD alle Probleme lösen kann, wird mit solchen Demos wenig anfangen können. So traurig das ist. Diese Menschen brauchen in erster Linie Aufklärung und Dialog.
Ja, auch ich kann nicht zu 100 % hinter jeder einzelnen Aussage einer bestimmten Partei stehen, auch wenn ich mir das sehr wünschen würde. Dennoch habe ich eine klare Wahlentscheidung getroffen. Beim Wählen geht es auch um Kompromisse und darum, sich für die Partei zu entscheiden, die die eigenen Werte am besten vertritt. Wer jetzt nicht wählt, verschenkt die Chance, mitzubestimmen, wohin die Reise geht. Aber auch wer wählen geht, darf sich nicht nur auf einfache Antworten verlassen. Es geht nicht nur darum, eine Partei zu wählen, sondern darum, die Partei zu wählen, die am ehesten die eigenen Werte und Überzeugungen in einer komplexen Welt widerspiegelt.
Nun mein Appell an euch: Bitte geht wählen und bitte nehmt nicht einfach kampflos hin, wenn euch nahestehende Menschen auf das AfD-Luftschloss reinfallen. Sucht das Gespräch, bleibt respektvoll, aber klar in euren Argumenten.
Am Sonntag haben wir die Wahl. Wir können entscheiden, wie die Zukunft dieses Landes aussehen wird – und das ist eine Verantwortung, die wir ernst nehmen sollen. Jede einzelne Stimme zählt, also nutzt eure mit Bedacht. Danke fürs Lesen und eure Zeit!