Gestern bekam ich auf meinem Smartphone eine Erinnerung von unserer Patagonien-Reise im Februar und März 2020 angezeigt und mich überkam eine Welle der Wehmut. Ganz genau gestern vor drei Jahren hatten wir den letzten vollen Tag in Chile, genossen unbeschwerte Stunden in einer großen Gruppe am anderen Ende der Welt. Unmittelbar bevor sich die Ereignisse dramatisch überschlugen und exakt eine Woche, bevor der erste Lockdown beschlossen wurde. Und die besagte Unbeschwertheit sich verabschiedete.
Puh, jetzt muss ich aufpassen, dass diese Kolumne nicht zu melancholisch wird. Aber ich möchte heute ganz ehrlich und ungefiltert meine Gedanken mit euch teilen. Es ist ein Thema, über das ich momentan viel mit meinen Freunden spreche. Und da ich in diesen Gesprächen immer wieder merke, dass ich mit meinen Gedanken nicht alleine bin, möchte ich sie auch hier auf dem Blog mit euch teilen.
2020 hätte für Chris und mich beruflich und privat nicht besser anlaufen können. Wir waren an einem Punkt, an dem sich viel harte Arbeit wirklich auszahlte, hatten unseren ganz eigenen Weg in dieser komplexen Social Media Welt gefunden, schmiedeten im Januar auf Bali viele Pläne für das Jahr und diese Patagonien-Reise war die Erfüllung eines Job-Traums. Der Kalender für die kommenden Monate war voll und es gab so Vieles, auf das wir uns freuten. Berufliche und private Reisen, spannende Projekte, die Hochzeit von engen Freunden. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich vor Corona ein ganz und gar unbeschwerter Mensch war, aber das intensive Erleben, die Freude über die schönen Dinge überwog das Grübeln über Hürden und Probleme immer vielfach. Das sollte sich 2020 gewaltig ändern.
Ich spreche oftmals von einem „von 100 auf 0“, wenn ich an die Situation Mitte März denke. „Schockstarre“ trifft es auch sehr gut. Eine Vollbremse, inklusive einer Extra-Portion Sorgen. Zu all dem Offensichtlichen kam viel Negatives „on top“. Kleine und große Probleme und Hürden, mit denen man sich herumschlagen musste. Die schwerer wogen als vor Corona. Ja, das hat viel mit uns allen gemacht. Mit sehr sensiblen Menschen wie mir vielleicht noch ein bisschen mehr als mit manch anderem.
Vor rund einem Jahr wurden die Corona-Sorgen nach und nach weniger. Dennoch blieb dieses lang ersehnte, befreiende „nach Corona“ Gefühl aus. Dieses „alles fällt von uns ab“. Dazu kamen der Krieg in Europa, die Inflation.
Ich möchte kurz ein persönliches Beispiel anreißen. Die Social Media Welt – um von meiner eigenen beruflichen Bubble zu sprechen – hat sich in vielen Punkten weiter ins Negative verändert. Vieles, das ich vorher schon kritisierte wurde extremer. Instagram wurde für die Mode- und Beautybranche relevanter denn je, hinzu kam TikTok. Guter, individueller Content in den sozialen Medien reicht nicht mehr. Erwartet wird dort, dass man Entertainer ist, dass man schnell verdaulichen Content für eine sehr junge Zielgruppe produziert. Das wurde durch die Corona Zeit sehr befeuert. Das Individuum ist verloren gegangen, man ist nur noch eine Zahl. Ich liebe Fortschritt und fand Weiterentwicklung stets richtig und wichtig. Aber dieses „alle in einen Topf werfen und die Augen zumachen, wenn die Leute betrügen“ hat wenig mit Fortschritt zu tun. Der eigene Wert wird oftmals ausschließlich daran gemessen, wie viele Follower man hat, wie viele Likes, wie viele Story-Aufrufe. Egal ob Fake oder real.
Einer von so vielen Gründen, warum Chris und ich mittlerweile einen anderen Weg gehen. Mode und Beauty nur noch ein kleiner Teil dieses Blogs sind. Wir beim „Influencer Game“ nur sehr bedingt mitspielen. Warum wir uns auf das Reisen fokussieren, auf Storytelling, auf Langfristigkeit, uns neu ausrichten, unsere Content-Produktion für Kunden unabhängig von unseren Kanälen ausbauen. Nicht in Comedy-Videos rumhüpfen, sondern uns auf das konzentrieren, was wir am besten können: Geschichten in Text und Bildern erzählen. Denn „uns selbst und unseren Werten treu zu bleiben“ war uns immer das Wichtigste.
Das nur als kleine „Dinge sind anders als vor Corona“-Geschichte aus meiner ganz persönlichen Bubble. Eines von vielen Beispielen.
Auch wenn wir uns schon lange wieder ohne Corona-Regeln in vollen Restaurants und Bars treffen können, so sind Gespräche mit Freunden oftmals mehr von Sorgen geprägt als zuvor. Seien es private oder berufliche Themen. Querbeet. Sei es die finanzielle Planung oder die Kindererziehung. Vieles wurde durch Corona, gefolgt von der Inflation, schwieriger.
Um noch einmal zu mir und meinen ganz persönlichen Gedanken zurückzukommen: Es gibt in meinem Leben vieles, wofür ich sehr dankbar bin, das mich glücklich macht. Ich bin mir der Privilegien bewusst, die ich genießen darf. Habe ein schönes Dach über dem Kopf, die gesundheitlichen Probleme des vergangenen Jahres weitestgehend hinter mir, einen weder zu vollen noch zu leeren Kalender. Ich habe Glücksmomente in meinem Alltag und viele Menschen in meinem Leben, die mir gut tun. Dennoch gibt es etwas, das ich mir für 2023 so sehr wünsche: die Rückkehr der Unbeschwertheit.
Ich möchte euch eine Frage stellen und würde mich sehr freuen, wenn ihr euch die Zeit für einen Kommentar nehmt: Wie geht es euch aktuell? Habt ihr eure „Vor-Corona-Unbeschwertheit“ zurück oder mischt sich auch eine kleine oder größere Prise Melancovid (Ja, dieses Wort gibt es tatsächlich!) in euren Alltag?