Es war ein Augusttag im Jahre 2001, als ich am Münchner Hauptbahnhof aus dem Zug stieg und erstmals bewusst den Boden der bayerischen Hauptstadt betrat. Als Kind war ich mit meinen Eltern oftmals auf der Durchreise nach Österreich oder Südtirol in München gewesen, kann mich aber kaum an das Café Luitpold erinnern, in dem wir immer Kuchen aßen.
Am Münchner Hauptbahnhof wurde ich erst einmal angeschnauzt „In München steht man immer rechts auf der Rolltreppe, links läuft man.“, war meine erste kurze Konversation in meiner künftigen Heimatstadt. Auch wenn das erste Beschnuppern einer Münchnerin nicht besonders freundlich war, so passierte es an genau diesem Tag: Ich verliebte mich. In München. An besagtem Augusttag durfte ich erstmals Münchner Modeluft schnuppern, traf viele spannende Menschen und fasste den Entschluss: „Sobald ich mein Abi in der Tasche habe, ziehe ich nach München. Punkt.“ Kurz darauf erfuhr ich, dass ich mit meinem Berufswunsch, Moderedakteurin, eh in München die besten Chancen haben würde (Damals war an einen Job als hauptberufliche Bloggerin gar nicht zu denken. „Moderedakteurin bei einem Print-Magazin“ leuchtete vor meinem inneren Auge auf), so wurde der Gedanke noch klarer, der Wunsch nach meinem Leben in München noch größer. Ihr könnt euch sicher denken, dass meine Eltern erst einmal große Augen machten, als ihre pubertäre Tochter ihnen erklärte, dass sie gaaaanz sicher in ein paar Jahren von zuhause weg in die große Stadt ziehen würde. Dennoch war ihnen relativ schnell klar „Das meint sie ernst!“. Einige Jahr vergingen, und während viele meiner Mitschülerinnen auch Monate vor dem Abi nicht die leiseste Ahnung hatten, was sie einmal beruflich machen wollten, so erzählte ich immer mit einem Strahlen im Gesicht „Ich ziehe nach München und werde Moderedakteurin!“ Im Jahre 2006 war es endlich soweit, und der große Umzug stand an. Ich war 19, hatte das Abi in der Tasche, und ihr könnt euch nicht annähernd vorstellen, wie glücklich ich war, dass im Jahr zuvor der Umzug nach München zu Chris‘ und meinem gemeinsamen Wunsch gewachsen war. Was hätte ich getan, wenn mein Liebster eine andere Vorstellung vom Leben gehabt hätte? Ich weiß es nicht.
Der Anfang in München war nicht leicht. Einige Illusionen sind schnell geplatzt („Wir finden eine schöne Wohnung für 400 Euro!“), der Traum „In München ist alles viel toller!“ schnell ausgeträumt. Wir mussten sehr hart arbeiten, um uns das Leben in dieser Stadt zu finanzieren, und auch der Weg zum beruflichen Traum war mehr als nur holprig. Es gab auch den Moment, als wir alles hinschmeißen und zurück ins warme Nest der Familie schlüpfen wollten. Ich hatte extrem viele Rückschläge, stand zwei Mal vor dem beruflichen Nichts und wurde von vielen Menschen sehr enttäuscht. Viele Nachteile, die vor allen Dingen einen Vorteil hatten: Ich bin erwachsen geworden. Natürlich ist die Jugend eine sehr wichtige und schöne Lebensphase, aber der Prozess des Erwachsenwerdens, des „richtigen Erwachsenwerdens“, die intensivste Zeit meines bisherigen Lebens, habe ich in München durchlebt. Und dafür bin ich dieser Stadt sehr dankbar. Ich habe Herzensmenschen kennengelernt, neben einigen negativen auch unglaublich viele positive, bereichernde Momente erlebt. Ich habe gelernt, was wahre Freundschaft bedeutet und wie unglaublich wichtig es ist, in einer schweren Zeit einen wundervollen Partner an seiner Seite zu haben. Von „himmelhochjauchzend“ bis „zu Tode betrübt“, diese Stimmungsschwankungen gab es in den vergangenen siebeneinhalb Jahren hundertfach.
Ich will ganz ehrlich sein: Die große Liebe wurde München für mich in all den Jahren nicht. Mit vielen Eigenarten der Stadt kommt man als „Zugezogene“ nur schwer klar. Die Bayern sind teilweise schon sehr eigen und ja, das allgemein bekannte Klischee zur Münchner Schickeria ist durchaus zutreffend. Das mag man, oder man mag es nicht. Ich mochte es …. nun ja … ab und zu. In den letzten Jahren ertappte ich mich immer wieder bei dem Gedanken „Ich würde gerne in Berlin wohnen, in New York, in Hamburg, in Florida und so weiter und so fort, und sprach es auch oftmals laut aus. Man mag immer das haben, was man gerade nicht hat. So war das übrigens schon im Kleinkindalter. Mein ehemals geliebtes Dreirad stand bereits ein Jahr lang einsam und verlassen im Schuppen, als meine Mutter es verschenkte. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie laut das Gebrüll war, als ich das mitbekam. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, ohne das Dreirad zu sein … Okay, ich schweife ab. Zurück zum allgemeinen Thema, der Tatsache, dass man das haben möchte, was man nicht hat. So geht es mir seit einigen Wochen. Ich werde wehmütig, wenn ich daran denke, dass das München-Kapitel bald geschlossen wird. Dass es vermutlich nicht bei einem Abschied für ein Jahr bleibt, sondern dass wir vielleicht nie wieder hier leben werden. Und an dieser Stelle denke ich an nichts mehr Negatives, sondern nur an all die schönen Dinge, die ich in dieser langen Zeit erleben durfte. Ich habe meinen Traumjob gefunden, Freundschaften fürs Leben geschlossen, ein gemeinsames Leben mit meiner großen Liebe aufgebaut, ich bin viel reifer geworden und habe viele Erfahrungen gesammelt, die mir niemand mehr nehmen kann. Nicht nur die süße kleine Josie kam in unser Leben, auch das Blog-Baby Josie loves. Ja, ich bin München dankbar. Dankbar für eine tolle Zeit, die meinen Horizont erweitert und mich bereit für das nächste große Abenteuer gemacht hat. Danke, München!