Vor kurzem bekam ich einen Kommentar unter einem meiner Artikel: “Ich habe persönlich auch nicht die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die mehr reisen toleranter wären als die Daheimbleiber, einen größeren Horizont hätten oder lebenserfahrener wären, ich denke das reden sich die Vielreiser nur gerne ein.” Und auch wenn die Aussage in einem weiteren Kommentar etwas genauer erklärt und relativiert wurde (Hier könnt ihr die Konversation nachlesen) habe ich mir über diese Worte Gedanken gemacht und mir im Anschluss folgende Frage gestellt: “Welchen Einfluss haben all unsere Reisen auf mich? Inwiefern haben sie mein Leben und meine Denkweise geändert?”
Hierfür muss ich ein paar Jahre zurückgehen. Wenn ich früher nach meinem größten Traum gefragt wurde, antwortete ich immer “eine Weltreise”. Die Welt zu sehen, fremde Länder zu bereisen und andere Kulturen kennenzulernen – das stand immer ganz oben auf meiner Bucket List. Aber irgendwie war solch eine Weltreise auch einer dieser “Hoffentlich irgendwann im Leben”-Wünsche, etwas, das vielleicht nicht ganz realistisch ist …
Ich benötigte den sprichwörtlichen Tritt in den Hintern, um diesen großen Traum in die Realität umzusetzen. Als ich vor fünf Jahren gesundheitliche Probleme bekam und mir bewusst wurde, wie schnell sich im Leben etwas ändern kann (Gott sei Dank ist alles relativ harmlos ausgegangen!) und dass man genau deshalb große Träume niemals in die ferne Zukunft schieben sollte. Denn mit viel Planung, etwas Mut und sparen ist solch eine Weltreise ganz und gar nicht unrealistisch. Und so machten wir uns ein dreiviertel Jahr später auf, um die Welt kennenzulernen.
Wir waren mit kurzen Deutschland-Stopps insgesamt ein Jahr unterwegs und ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mich dieses Jahr verändert und geformt hat. Auch wenn ich in einer Branche arbeite, in der materielle Dinge von vielen als unglaublich wichtig betrachtet werden, so verloren sie für mich deutlich an Bedeutung. Natürlich trage ich gerne eine schöne Tasche, habe Lieblingsstücke in meinem Kleiderschrank. Aber mir wurde klar, wie wenig man wirklich braucht, um glücklich zu sein. Glück hat nämlich ganz und gar nichts mit materiellen Dingen zu tun. Ich könnte jederzeit auf 99% meines materiellen Besitzes verzichten. Und nein, ich war vorher auch kein oberflächlicher Mensch, aber sicherlich oberflächlicher, als ich es jetzt bin.
Wer die Welt bereist, der lernt unglaublich viele Menschen kennen und die meisten der Vielreisenden werden dadurch deutlich offener. Toleranter gegenüber anderen Menschen, verschiedenen Gegebenheiten, Kulturen.
Oftmals lernt man auch, Dinge die man hat, mehr zu schätzen. So erging es mir beispielsweise auch mit München. Ich war gelangweilt von der Stadt, die ich acht Jahre lang als mein Zuhause betrachtete und wollte am liebsten “irgendwo auf der Welt” bleiben. Im Laufe des Jahres lernte ich viele Dinge in München unglaublich zu schätzen. Wie sicher und sauber die Stadt ist, zum Beispiel – Dinge, die man meist einfach so hinnimmt. Ich könnte mir aktuell keinen besseren Lebensmittelpunkt als München vorstellen – ein persönlicher Ruhepol, um von dort aus die Welt zu erkunden.
Es erweitert definitiv den Horizont, wenn man viel von der Welt sieht. Man bekommt eine andere Sichtweise auf viele teils banale Dinge und es ist solch ein gigantischer Unterschied, ob man von der Mentalität eines Volkes nur liest, oder sie im täglichen Umgang selbst erlebt. Ob man nur ein Bild von einem Weltwunder sieht, oder ob man selbst an genau diesem magischen Ort steht. Momente, die sich ins Gedächtnis brennen und noch Jahre später ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Ich persönlich bin die größte Niete, wenn es um Small Talk geht. Aber es gibt ein Thema, über das ich mit wildfremden Menschen plötzlich stundenlang reden kann: Das Reisen. Kaum etwas anderes verbindet so schnell und ermöglicht inspirierende, tiefgründige Gespräche mit Menschen, die man erst kurz zuvor kennengelernt hat. Und auch das bereichert ungemein. Die Liebe zum Reisen verbindet und es ergeben sich oftmals gehaltvolle Gespräche in völlig unerwarteter Runde. Das habe ich in den letzten Jahren unzählige Male erlebt.
An dieser Stelle möchte ich gerne wieder das Wort an euch übergeben: Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Wie hat das Reisen euch verändert? Gab es bei euch eine ganz besondere Reise, die euch sehr nachhaltig geprägt hat? Und steht eine Weltreise ebenfalls auf eurer Bucket List oder könnt ihr sogar schon auf solch eine lange Reise zurückblicken? Ich freue mich sehr auf eure Kommentare!