Ich habe lange überlegt, ob ich über dieses Thema schreiben soll. Nicht weil ich mich scheue, hierzu meine Meinung zu äußern. Aber es ist zum einen sehr persönlich und zum anderen wohl so kontrovers wie kaum ein anderes. Eine Kolumne ist doch schließlich genau dafür da, Diskussionen anzuregen und auch einmal Themen anzusprechen, die verschiedene Meinungen auf den Tisch bringen. Und deshalb habe ich mich dafür entschieden, meine Gedanken niederzuschreiben.
Doch worum geht es eigentlich? Von Anfang an. Chris und ich sind seit fünf Jahren verheiratet. Und werden seit fünf Jahren ständig – von JEDEM – gefragt, wann wir denn nun ein Kind bekommen. Von Menschen, die wir gut kennen, von Menschen, die wir sehr oberflächlich kennen und von Menschen, die wir ÜBERHAUPT NICHT kennen. Von vielen wird schlicht und einfach erwartet, dass man kurz nach der Hochzeit ein Kind bekommt. War doch schon immer so.
Ich habe oftmals das Gefühl, dass unsere Gesellschaft immer offener wird, man so sein kann, wie man möchte und sein Leben so gestalten kann, wie man will. Doch in diesem Punkt schreibt die Gesellschaft ganz klar vor, was man zu tun hat.
Nun spreche ich es offen und ehrlich aus: Wir haben (aktuell) keinen Kinderwunsch.
Ich bin eine Frau, 31 Jahre alt, unendlich glücklich in meiner Beziehung und ich wünsche mir kein Kind (Bevor die Frage nach Chris kommt: Er denkt ganz genauso).
Und genau an dieser Stelle begegnet mir seit Jahren von vielen, vielen Seiten extremes Unverständnis. Unverständnis, Entsetzen … „Was stimmt nur nicht mir ihr?“
Um eines klarzustellen: Ich freue mich von Herzen für all meine Freundinnen, die sich Kinder wünschen und – momentan gibt es wirklich einen Babyboom im Freundeskreis – ihr erstes Kind bekommen. Ich fiebere bei jeder Schwangerschaft mit. Und ich bin klug genug, nicht komplett auszuschließen, dass der Kinderwunsch in ein paar Jahren auch bei uns kommt.
An dieser Stelle kommt so oft das Argument, wir sollen uns auf keinen Fall zu viel Zeit lassen. Wir werden ja nicht jünger. Und wer soll sich denn einmal um uns kümmern, wenn wir alt sind? Letzteres Argument finde ich übrigens besonders schwierig. Ein Kind bekommen, nur um im Alter mal gut versorgt zu sein? Sollte das wirklich der Grund dafür sein, sich für Nachwuchs zu entscheiden? Mal abgesehen davon, dass ich genügend Beispiele von zerstrittenen Familien kenne – und da sind die Kinder weit davon entfernt, sich im Alter um ihre Eltern zu kümmern. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Ich habe so oft das Gefühl, ich muss mich für etwas rechtfertigen. Aber warum? Warum kann man bei diesem Punkt nicht offen und ehrlich seine Meinung äußern?
Nur weil ein Kind das größte Lebensglück für die eine Person ist heißt es nicht, dass das für jeden zutrifft. Jeder hat ein anderes Lebensmodell – jeder hat andere Wünsche, Träume und Zukunftspläne. Das können (oder wollen?) in diesem Punkt viele nicht verstehen.
Das Argument: „Wenn alle so denken würden wie du, dann würde die Menschheit nicht fortbestehen.“ stimmt. Absolut. Aber: Was soll ich hierzu anderes als „Na das ist ja definitiv nicht der Fall!“ antworten? Und es wäre ja das Schlimmste, ein Kind nur mit dem Ziel „den Fortbestand der Menschheit zu sichern“ in die Welt zu setzen.
Seit fünf Jahren ist das Thema Kinder omnipräsent. Fast täglich werden wir indirekt oder direkt von unserem Umfeld damit konfrontiert. Wenn wir davon erzählen, dass wir uns einen Hund wünschen, haben wir schon des Öfteren gehört: „Zuerst der Hund, dann das Kind.“
Da ich durch diesen Blog in gewisser Weise in der Öffentlichkeit stehe, werde ich auch oft von wildfremden Menschen sehr indiskret zu diesem Thema angesprochen. Die plumpe Frage „Bist du schwanger?“, sobald mein Kleid auf einem Bild Spekulationen zulässt, ist kein Einzelfall.
Und was wir wirklich häufig zu hören bekommen ist: „Ja, macht das mit dem Reisen nur noch, so lange ihr könnt. Wenn ihr mal Kinder habt, geht das alles nicht mehr so einfach.“
Wenn wir dann anbringen, dass das Thema Kinder aktuell nicht zur Debatte steht, wird automatisch geantwortet „Ja klar, bei eurem aktuellen Lifestyle macht das Kind ja auch noch keinen Sinn.“ Dass wir uns schlicht und einfach kein Kind wünschen, wird oftmals nicht akzeptiert.
Und da wären wir bei einem sehr wichtigen Punkt: Für mich gibt es nur einen einzigen Grund, ein Kind zu bekommen: Wenn wir es uns beide von ganzem Herzen wünschen. Wenn das irgendwann so kommt, dann soll das so sein. Wenn nicht, dann bin ich mir sehr sicher, dass wir auch ein erfülltes, glückliches Leben ohne ein eigenes Kind führen werden.