Wenn man mein vierzehnjähriges Ich gefragt hätte, was für mich wahre Freundschaft ausmacht, dann hätte es wohl „Wir machen immer alles zusammen.“ geantwortet. Meine damals beste Freundin und ich waren unzertrennlich. Es gab uns nur im Doppelpack. Natürlich gingen wir in die gleiche Klasse, saßen nebeneinander, mochten und hassten (in dem Alter gab es meist nur „Schwarz und Weiß“) die gleichen Mitschüler und verbrachten auch nach der Schule unglaublich viel Zeit zusammen.
Die beste Freundin war immer wichtiger als der Partner und wenn es einmal Streit gab, glich das einem Weltuntergang. Die meisten von euch hatten sicherlich in ihrer Kindergarten- und Schulzeit mehrere „beste Freundinnen“. Meine beste Freundin in Teenagerzeiten war übrigens auch diejenige, die mir damals Chris vorstellte. Dafür werde ich ihr für immer dankbar sein, auch wenn wir mittlerweile leider kaum noch Kontakt haben.
Generell sind nach der Schulzeit einige Freundschaften zerbrochen, bei denen ich darauf geschworen hätte, dass wir für immer und ewig eng befreundet sein werden. Eigentlich eine logische Konsequenz, wenn das „richtige Leben“ doch erst nach der Schule beginnt. Interessen ändern sich, man lebt sich auseinander, plötzlich ist die Freundin nicht mehr im Nachbarsdorf sondern hunderte Kilometer entfernt. Das sollte jedoch auf keinen Fall von einem engen Kontakt abhalten. Nur wird dieser irgendwann mühselig, wenn man überhaupt keinen gemeinsamen Nenner mehr hat. Doch das muss gar nicht unbedingt der Grund sein. Manche Freundschaften endeten und ich kann beim besten Willen nicht mehr sagen warum … und warum man damals nicht mehr daran festgehalten hat.
Mit meiner besten Kindergartenfreundin (als Teenager konnten wir uns eine gewisse Zeit überhaupt nicht leiden) bin ich übrigens auch noch heute eng befreundet – sie ist sogar für das Blogdesign von Josie loves verantwortlich. Und es ist so schön, wenn wir uns gemeinsam über Geschichten aus der Grundschule kringelig lachen und alle um uns herum schauen als wären wir nicht ganz bei Trost. Wir sehen uns nur noch wenige Male im Jahr, aber dann ist es jedes Mal so, als wäre das letzte Treffen erst gestern gewesen. Und ja, da wären wir wieder bei dem Thema der Kolumne: „Was macht eine gute Freundschaft aus?“
Ganz sicher nicht „Wir machen alles zusammen“ – da muss ich über mein vierzehnjähriges Ich schmunzeln. Für mich ist es das Gefühl, füreinander da zu sein, egal, wie selten oder häufig man sich sieht. Miteinander Tränen lachen, aber auch stundenlange ernste Gespräche führen zu können. Sich zu vertrauen, den anderen um Rat fragen zu können und von ganzem Herzen ein positives Gefühl zu haben, wenn man an den Freund oder die Freundin denkt. Ein ehrlicher, aufrichtiger Umgang miteinander. Ich finde es wichtig, dass Probleme miteinander angesprochen und gelöst werden – nicht totgeschwiegen.
Aktuell bin ich mit Susan in Mexiko und ich genieße so sehr, dass wir richtig viel Zeit zusammen verbringen. Wir haben auch sonst fast täglich Kontakt, fragen uns um Rat bei beruflichen Anliegen, schimpfen gemeinsam über Dinge, die uns nerven und teilen sehr viel miteinander. Manchmal ist es eine einzige What’s App Nachricht, manchmal sind es mehrere 10-minütige Sprachnachrichten. Aber wir sehen uns oftmals Monate lang nicht – umso besonderer, zwei Wochen am Stück miteinander zu verbringen. Susan ist für mich das beste Beispiel dafür, wie eine super enge Freundschaft auf Distanz im Erwachsenenalter funktioniert. Wir stehen uns unglaublich nah, obwohl uns im Alltag viele hunderte Kilometer trennen. „Füreinander da sein“ hat nichts mit der Distanz zu tun, die zwischen einer Freundschaft liegt – und auch nichts damit, wie viel Kontakt man miteinander hat.
Nur wenige meiner engsten Freunde wohnen in München – und auch diese sehe ich leider viel zu selten. Unser Job lässt die „Jeden Mittwochabend haben wir ein festes Date und schauen zusammen Sex and the City“-Termine, die ich früher mit meinen Schulfreundinnen hatte, nicht zu. Aber dafür ist das Wiedersehen umso schöner … und es gibt jedes Mal sooo viel zu erzählen. Es gab einen einzigen Tag in meinem Leben, an dem all meine besten Freunde (leider kannten wir Nina und Patrick vor fünfeinhalb Jahren noch nicht. So schade, dass diese beiden Lieblingsmenschen damals nicht dabei waren!) an einem Ort waren: unsere Hochzeitsparty. In der Schulzeit ging meist die gesamte Clique in eine Klasse.
Ein weiterer Unterschied: In der Schulzeit waren mir meine Freundinnen wichtiger als mein Partner. Man hat zusammen den größten Liebeskummer nach dem Ende einer zweiwöchigen Beziehung durchgestanden und gemeinsam den Liebesbrief an den Schwarm formuliert. Im Erwachsenenalter ist Chris nicht nur mein Ehemann, sondern auch mein bester Freund, meine allererste Bezugsperson, derjenige, dem ich blind vertraue. Dennoch sind mir meine Freundschaften natürlich nach wie vor unglaublich wichtig. Ich habe einige Herzensmenschen in meinem Leben, die ich nie wieder missen möchte.
Früher war das Ende einer Freundschaft meist mit einem großen Drama verbunden. Ich dachte mir irgendwann, als Erwachsene passiert das nicht mehr. Doch vor solch einem Bruch ist man auch mit deutlich mehr Lebenserfahrung nicht gefeit. Im Erwachsenenalter passiert das Ende einer Freundschaft jedoch meist deutlich subtiler – man lebt sich auseinander, es passt nicht mehr – ein schleichender Prozess. Es gibt nicht den großen Knall auf dem Pausenhof.
In diesem Jahr ist eine Freundschaft, die mir viel bedeutete, völlig ohne Vorwarnung zerbrochen. Und im ersten Moment stand ich völlig unter Schock. Die Erkenntnis, eine Person doch nicht so gut zu kennen wie man dachte, ist nicht schön. Aber: Es gehört auch zum Erwachsensein dazu, mit so etwas „eben erwachsen“ umzugehen. Nicht um etwas zu kämpfen, das offensichtlich verloren ist und lieber an schöne Zeiten zu denken, als böses Blut zu erzeugen. Nicht falsch verstehen: Man sollte immer kämpfen, wenn das Sinn ergibt. Denn gute Freundschaften sind etwas sehr Kostbares!
Ich kann mich sehr glücklich schätzen, einige Menschen in meinem Leben zu wissen, die immer für mich da sind, mir Halt geben und das Leben eindeutig schöner machen. Die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn ich von einem stressigen Arbeitstag genervt bin oder mit Kuchen vorbeikommen, wenn es mir nicht gut geht. Die mit mir stundenlang rumalbern können, aber sich auch nicht davor scheuen, mir einmal Kontra zu geben. „Wahre Freundschaft“ bedeutet nicht „immer einer Meinung zu sein“. Und es ist wichtig, das auch auszusprechen.
Für mich übrigens immer das Allerschönste: Gemeinsam mit Freunden zu verreisen! Denn es macht noch viel mehr Spaß, wenn man besondere Erlebnisse mit Lieblingsmenschen teilen kann.
PS: Was dafür spricht, wie ähnlich Susan und ich ticken: Ich erzählte ihr vor ein paar Tagen davon, dass ich gerade eine Kolumne zum Thema Freundschaft schreibe und sie so „Ach was, ich auch, am Freitag geht meine Life at 30 Kolumne online, die sich auch mit dem Thema beschäftigt“. Tatsache, wir haben uns nicht abgesprochen und wussten zuvor nichts von der Kolumne der anderen. Also Lesetipp für den Freitag (und natürlich auch alle anderen Tage, falls ihr den Blog nicht ohnehin schon lest): Sue loves NYC!
Was macht für euch eine gute Freundschaft aus? Habt ihr mehrere sehr enge oder eine bestimmte beste Freundin? Wenn ja, lebt sie in der gleichen Stadt oder führt ihr eine „Fernbeziehung“ mit diesem ganz besonderen Lieblingsmenschen?