Ich erinnere mich noch genau an meine Schulzeit, als gerade ein neuer Harry Potter-Band herauskam. Meine Freundin erschien damals völlig übermüdet in der Schule, weil sie die ganze Nacht durchgelesen hatte.
In meiner Klasse gab es zwei Lager: die eingefleischten Harry Potter-Fans und diejenigen, die das Ganze aus Prinzip richtig doof fanden. Ich gehörte eindeutig zur zweiten Gruppe. Klar, Harry Potter war in meiner Jugend ein allgegenwärtiger Held – nur eben nicht für mich.
Über die Jahre habe ich zwar den ersten Film gesehen und hin und wieder Ausschnitte der anderen Teile mitbekommen, wenn sie zufällig im Fernsehen liefen. Aber hätte man mich gefragt, was ein Dementor ist, da hätte ich definitiv passen müssen.
Wer uns auf Instagram folgt, hat vielleicht schon mitbekommen, dass wir vor kurzem im Rahmen eines größeren Projekts (im Januar darf ich euch endlich mehr dazu verraten!) in England waren. Als krönenden Abschluss gab es am letzten Abend eine ganz besondere Überraschung: ein Halloween-Dinner in der Original-Harry Potter-Filmkulisse.
Ich habe einige sehr große Harry Potter-Fans in meinem Umfeld. Wie gerne hätte ich in diesem Moment mit ihnen getauscht, um ihnen dieses besondere Erlebnis zu ermöglichen.
Ganz ehrlich? Ich fühlte mich fast ein bisschen schlecht. Natürlich schätzte ich diese besondere Überraschung und genoss das Dinner, war fasziniert von der Detailverliebtheit und der berühmten Filmkulisse. Aber bei der privaten Führung durch die einzelnen Sets im Anschluss hatte ich zu oft keine Ahnung, worum es eigentlich geht. Die Harry Potter-Welt war mir einfach viel zu fremd, während viele andere aus unserer Gruppe aus dem Strahlen nicht mehr herauskamen und dies als das Highlight ihres Jahres bezeichneten.
Auch mit dem Hermine-Zauberstab, den es als Geschenk gab, konnte ich nicht viel anfangen – und Chris ging es genauso. (Er bekam natürlich einen Harry Potter-Zauberstab.)
Zurück zu Hause, nachdem wir gerade eine Serie beendet hatten, fragten wir uns, was wir als Nächstes schauen könnten. Schnell war klar: Wenn wir diese England-Reise nicht als Anlass nehmen, endlich mal alle Harry Potter-Filme zu sehen, dann würden wir es vermutlich nie tun. Und irgendwie gehört ein gewisses Harry Potter-Wissen ja fast schon zur Allgemeinbildung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir haben angefangen – und konnten schnell nicht mehr aufhören. Ehe wir uns versahen, waren wir voll und ganz in die Welt von Harry Potter eingetaucht, fasziniert von der Detailverliebtheit der Figuren und Kulissen. Mich begeisterte nicht nur diese magische Welt, sondern auch die Werte, die die Geschichte vermittelt: die zwischenmenschlichen Beziehungen, das Miteinander, die komplexen Charaktere und die realen, sozialen Themen, die so geschickt eingeflochten sind. Ich verliebte mich in Harry, Hermine und Ron – 25 Jahre nach meinen Freundinnen.
Warum ich euch das erzähle? Weil es für mich symbolisch ist: dafür, offen zu bleiben für Dinge, denen man eigentlich skeptisch gegenübersteht. Und weil ich es so schön fand, dass mich mit 38 Jahren und als Nicht-Fantasy-Fan eine magische Geschichte so in ihren Bann ziehen konnte. Sie hat es geschafft, mich in eine ganz andere Welt eintauchen zu lassen – etwas, das ich immer als „so gar nichts für mich“ abgestempelt hatte. Wieder einmal ein Reminder, dass man nichts vorschnell kategorisch ablehnen sollte. Normalerweise dauert diese Erkenntnis bei mir keine 25 Jahre. Sorry, Harry Potter!
Und ganz ehrlich? Gerade in einer Woche, die im echten Leben so viele Herausforderungen mit sich brachte und in der das Herz schwer war, war es wunderschön, für ein paar Stunden den Negativ-Nachrichten zu entfliehen und in die magische Welt von Harry, Hermine und Co. einzutauchen. Eine kleine Realitätsflucht in eine ganz andere Welt.
Falls ihr – wie ich damals – immer dachtet, dass Harry Potter nichts für euch ist, dann ist jetzt vielleicht der perfekte Moment, es doch mal zu probieren und mit den Filmen zu starten. Oder eines der Bücher zu lesen. Das steht bei mir als nächstes an!