Nicht gleich aufschreien, es geht in diesem Artikel nicht um den direkten Vergleich von einem Minikleid und einer Burka, die man natürlich nicht über einen Kamm scheren kann. Es geht vielmehr um einige Gedanken, die mir seit einigen Tagen nicht aus dem Kopf gehen wollen. Seit Dienstag sind wir nun in Dubai. Ihr wisst, ich trage in warmen Gefilden gerne Minikleidchen mit Spaghettiträgern. Möglichst kurz und knapp. Nicht jedoch hier. Hier bedecke ich meine Schultern, trage Midiröcke oder Maxikleider. Warum? Weil man in den Vereinigten Arabischen Emiraten gebeten wird, die Schultern und Knie zu bedecken und ich mich an Regeln halten möchte. Als ich gestern ein vorne hoch geschlossenes Kleid mit leichtem Rückenausschnitt getragen habe, wurde ich angestarrt. In Dubai ist dies übrigens noch recht harmlos, sehr extrem habe ich diese Differenz vergangenen Mai im zutiefst vom Islam geprägten Borneo wahrgenommen, wo ich wirklich keiner einzigen nicht verschleierten einheimischen Frau begegnet bin. Als ich gestern eine Touristin mit Spaghettiträgertop und Denim Shorts sah, dachte ich „Das würde ich fernab des Strandes eher nicht tragen“. Doch dann erinnerte ich mich an all die arabischen Frauen, die ich Jahr für Jahr in München sehe. Komplett verhüllt, teilweise nur mit einem Gitter zwischen den Augen. Ich erwarte nicht, dass eine arabische Frau in Deutschland plötzlich ein Minikleid trägt, immerhin sind wir hierzulande sehr tolerant (auch wenn uns gerne anderes vorgeworfen wird), aber kann man diese Toleranz nicht auch woanders erwarten? Dass man überall „so sein kann, wie man ist“? Ich spreche jetzt nicht vom Besuch einer Moschee, sondern von dem ganz normalen Alltag auf der Straße. Niemals würde in einem „To Do’s für eine Reise nach München“ einer arabischen Frau angeraten werden, bitte ein Dirndl (unser deutsches Extrem) zu tragen, oder schlicht den Schleier abzulegen. Weil man bei uns in Deutschland tragen kann, was man möchte. Und das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich die Verschleierung (ich spreche nicht von einem Kopftuch, sondern in diesem Falle von der vollkommenen Verschleierung) einer Muslima natürlich respektiere, aber mich ehrlich gesagt schwer damit tue, diese extreme Form zu verstehen. Ich möchte hier nicht über das Thema Religionen diskutieren oder den Islam kritisieren, aber ich muss leider sagen, dass ich es immer wieder sehr befremdlich finde, wenn ich bei hochsommerlichen Temperaturen Männer in Shorts und mit Tank Top sehe und dahinter die Frau mit einer Niqab (Ein Gewand, bei dem auch das Gesicht bedeckt, und nur die Augen in einem Schlitz zu sehen sind. Bei der Burka sind auch die Augen von transparentem Stoff entdeckt.) läuft. Weil ich mir eben nur schwer vorstellen kann, dass jede einzelne dieser Frauen aus freien Stücken diese vollkommene Verschleierung wählt. Und nicht das trägt, was sie gerne tragen würde. Zumindest in der Öffentlichkeit. (Insbesondere in Malaysia fielen mir viele extrem modern gekleidete Männer auf, deren Frauen komplett verhüllt waren. Generell habe ich besonders auf der Insel Borneo in vielen Situationen deutlich zu spüren bekommen, dass ich als Frau weniger wert bin. Das ist allerdings auch wieder ein weiteres, noch viel komplexeres Thema) Und ja, ich habe den unglücklichen Blick der Frau wahrgenommen, die gestern mit ihrem Mann am Hotelpool lag. Er in der Badehose, sie in langer, schwarzer Hose und Langarm-Wollpullover. Ein Thema, über das ich schon des Öfteren im Freundeskreis diskutiert habe. Irgendwie komme ich mit dem Argument „Diese Frauen kennen das eben nicht anders“ nicht so recht klar. Klar, ich komme aus Deutschland und wurde völlig anders erzogen, aber ich kann nicht nachvollziehen, dass die Rechte einer Frau so anders sind als die eines Mannes. Dass ein Mann völlig anders auftreten kann, mit der modernen Zeit geht, seine Frau aber in der Öffentlichkeit jegliche Form der Individualität aufgibt. Und das alles aufgrund einer Religion? Ich möchte jetzt nicht zu tief in dieses Thema eintauchen, immerhin ist die Kleidung nur ein winzig kleiner Bereich. Aber natürlich ist dies ein Thema, das beschäftigt, wenn man sich in einem arabischen Land aufhält und einerseits die modernsten Gebäude der Welt und Fortschritt in jedem Bereich sieht, andererseits aber non stop mit dem extremen Kontrast zwischen Mann und Frau konfrontiert wird. Ich bin sehr dankbar dafür, in einer Gesellschaft aufgewachsen zu sein, in der ich jederzeit „ich selbst“ sein kann und mich nicht den Regeln einer Religion beugen muss, mich lediglich mein gesunder Menschenverstand leitet, gewisse Dinge zu tun und andere zu unterlassen.
Mich würde an dieser Stelle sehr eure Meinung interessieren: Wie geht ihr mit den „Regeln“ in vom Islam geprägten Ländern um? Wie denkt ihr generell über dieses sensible Thema?
EDIT: Ich freue mich über die rege Diskussion. Dennoch bin ich etwas erschrocken, dass manche Worte völlig anders ausgelegt werden, als ich sie gemeint habe. Das war bei diesem Thema aber vermutlich zu erwarten. Ich habe bereits in den Kommentaren darauf geantwortet, möchte es aber auch noch einmal hier schreiben. Ich habe niemals gesagt, dass ich einer verschleierten Frau vorwerfe, “sich nicht von gesundem Menschenverstand leiten zu lassen”, sondern lediglich erklärt, was mich persönlich leitet, Dinge zu lassen bzw. zu tun. Das heißt im Umkehrschluss in keinster Weise dass eine verschleierte Frau sich nicht von einem gesunden Menschenverstand leiten lässt. Außerdem habe ich nie behauptet, dass Muslimas nicht freiwillig ein Kopftuch tragen. Ich meine lediglich, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass „jede einzelne“ Burka- oder Niqabträgerin zu 100% aus freien Stücken die 100%ige Verschleierung wählt. Eben auch, weil ich schon so oft Gegenteiliges gehört/gelesen/gesehen habe. Ich wünsche mir von Herzen eine Gleichberechtigung aller Menschen, in Deutschland und im Rest der Welt.