Vor kurzem lief ich die Straße entlang und eine fremde Frau strahlte mich an und sagte: „So ein schönes Kleid!”. Ein kleines Kompliment, das mir sofort ein Lächeln ins Gesicht zauberte und mir an einem ansonsten nicht so guten Tag einen schönen Moment bescherte.
Etwas, das mir in den USA immer positiv auffällt, aber in Deutschland definitiv Seltenheitswert hat: einer fremden Person einfach so ein Kompliment machen. Dabei fallen uns doch so oft schöne Äußerlichkeiten an fremden Menschen auf, nur sprechen wir sie nie darauf an. Ich meine hier natürlich nicht dieses pauschale „You look amaaaaazing!“, das wir aus diversen US-Reality-Shows kennen, sondern ein ehrliches, echtes Kompliment, wenn uns etwas positiv auffällt.
Und wenn ich hier für mehr Komplimente plädiere, geht es selbstverständlich nicht nur um Äußerlichkeiten und flüchtige Begegnungen auf der Straße. Es geht nicht nur darum, das neue Outfit oder die schöne Frisur zu kommentieren, sondern vielmehr darum, ein Bewusstsein für das Gute um uns herum zu schaffen.
Jede von uns hat doch schon einmal gedacht, „Wow, das hat sie wirklich gut gemacht!“, ohne es mit der Person zu teilen. Wir bewundern in Gedanken, schweigen aber und lassen die Gelegenheit für einen kleinen, positiven Kompliment-Moment einfach vorbeiziehen. Dabei bereiten wir unserem Gegenüber mit dieser kurzen Überwindung mit Sicherheit eine unverhoffte Alltagsfreude – einen kleinen Moment, der positiv in Erinnerung bleibt.
Und wir wissen doch alle, wie gut es sich anfühlt, wenn jemand unsere Anstrengungen erkennt und wertschätzt, oder?
Wieso Komplimente so etwas Schönes sind und weit über Oberflächlichkeiten hinausgehen? Sie lenken den Blick auf das Positive. Das weiß jede/r, der/die schon mal ein unerwartetes Kompliment bekommen hat. Und nein, ein Kompliment muss kein großes, wortgewaltiges Ding sein. Oftmals reicht ein „Gut gemacht!“, um die Wertschätzung auszudrücken und den Tag einer anderen Person ein wenig aufzuhellen. Lob tut der Seele gut.
Vielleicht fällt es uns (ob das eine „typisch deutsche“ Eigenschaft ist?) manchmal schwer, weil wir Zurückhaltung mit Höflichkeit verwechseln?
Das Beste daran: Ein Kompliment zu machen kostet nichts. Es braucht keine große Vorbereitung, keinen materiellen Aufwand. Es braucht einfach nur den Mut, auszusprechen, was man sowieso schon denkt.
Und wisst ihr was? Komplimente machen ist sogar noch schöner, als welche zu bekommen. Denn wenn das Gegenüber strahlt und man selbst dafür verantwortlich ist, dann ist das doch das schönste Geschenk überhaupt, nicht wahr?
