Am Freitag sind wir von unserer großen Island Reise zurückgekehrt. Körperlich bin ich im Süden Deutschlands, mental noch im hohen Norden. So viele besondere Eindrücke, so viele Erinnerungen. Kleine, persönliche Momente ganz für mich alleine, und ganz große, die ich mit vielen Menschen teilen durfte.
Für immer werde ich den Augenblick in Erinnerung behalten, als an unserem letzten Abend Orcas in der Sonnenuntergangsstimmung direkt vor unserem Schiff gesichtet wurden und die Gäste in den Restaurants alles stehen und liegen ließen, um euphorisch nach draußen zu eilen. Die Crew stoppte die Maschinen, und so standen wir eine halbe Stunde am Bug unseres Expeditionsschiffes und beobachteten die kleine Schwertwal-Familie in schönster Island-Kulisse.
Fast schon zu kitschig schön, um wahr zu sein. Rosamunde Pilcher hätte diesen Moment nicht besser schreiben können. So viele strahlende Gesichter, Verbundenheit in diesem einzigartigen Moment und Liebe zur Schönheit dieser Welt. Eines dieser ganz besonderen Reiseerlebnisse, von denen man noch Jahre später mit leuchtenden Augen erzählen wird.
Doch es gab da auch diesen Augenblick, als ich ganz alleine auf dem Balkon unserer Kabine saß, die Sonne auf der Nasenspitze spürte, auf den Horizont blickte und dem Rauschen der Wellen lauschte. Kein Tinnitus, nur das schönste Geräusch der Welt. In diesem Moment begannen die Tränen zu kullern und es war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich vor Glück weinte. Tief in meinem Herzen Leichtigkeit spürte und so unendlich dankbar war, eine sehr schwere Zeit (weitestgehend) hinter mir gelassen zu haben. Einer dieser Momente, den man so gerne festhalten und für immer konservieren möchte, um ihn dann neu erleben zu können, wenn es einem einmal nicht so gut geht.
Auf dieser Reise gab es einige dieser Momente und ich werde noch eine ganze Weile brauchen, um all das zu verarbeiten. Wertvolle Gespräche mit interessanten Menschen, tierische Begegnungen und ganz viel Fasziniation für die Schönheit Islands. Die große Verbundenheit mit der Natur.
Perfekte Wetterbedingungen auf einer kleinen Insel, die sonst fest in der Hand von Wind und Regen ist. „Ein großes Stück Glück“, wie einer der Experten unserer Reise in diesem Moment so passend sagte. Was mich auch glücklich machte? Zu sehen, mit welch großer Leidenschaft Chris seinem Fotografie-Job nachgeht, wenn er stundenlang mit leuchtenden Augen in der Kälte (Randnotiz: Chris ist eigentlich eine Frostbeule) steht, um Papageitaucher zu fotografieren. So viele besondere Momente, die man am liebsten festhalten möchte.
Und dann kam mir der Gedanke, dass unsere Erinnerungen an diese besonderen Momente doch genau das sind: das Konservieren. Das immer und immer wieder Erleben dieses Augenblicks, wenn wir davon erzählen. Wenn wir eines unserer Reiseziele Jahre später wieder im TV sehen und unsere eigenen Erinnnerungen Revue passieren lassen. Die Gefühle wieder empfinden, die wir damals in genau dieser Situation erlebten. Einer der Gründe, warum mir Erlebnisse so viel wichtiger als materielle Dinge sind. Gemeinsame Reisen und Augenblicke mit Lieblingsmenschen viel kostbarer sind als jedes Schmuckstück.
Auch ohne Depression besteht unser Leben nicht nur aus schönen, besonderen Tagen und Momenten. Es besteht auch aus traurigen, tristen, anstrengenden, verzweifelten, wehmütigen, langweiligen, schweren Tagen. Aber es ist so wichtig, sich immer bewusst zu sein, dass es die wirklich schönen Tage gibt. Die Tage und Momente, für die sich das Leben so sehr lohnt. Und die wir noch mehr zu schätzen wissen, wenn wir auch die Kehrseite kennen.
Und aus ganz persönlicher Sicht bin ich so dankbar dafür, genau das wieder zu können: Zurückblicken und zu wissen, dass es die schönen Momente im Leben gibt.
Marmeladenglasmomente. Ich selbst habe kein Marmeladenglas, in dem ich kleine Zettel mit Erinnerungen aufbewahre, aber auch ich schreibe mir schöne Momente gerne auf, um mir die kurzen Texte ganz genau an den Tagen durchzulesen, an denen ich eine große Prise Licht brauche. Eine Art Dankbarkeitstagebuch. Das müssen gar keine großen, besonderen Reiseerlebnisse sein, sondern können auch kleine zwischenmenschliche Momente sein. Ein Spaziergang mit einer Freundin, ein Lieblingsessen, das heiße Bad nach einem anstrengenden Tag. Die so wichtigen kleinen Dinge, über die ich schon so oft schrieb.
Das Leben ist nicht immer schön, aber es kann so wunderschön sein. Und dieses Wissen ist in insbesondere oftmals unsicheren Zeiten ein kostbares Gut. Habt einen wundervollen Sonntag, ihr Lieben!