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Street Style New York

Zehn unschöne Wahrheiten über die Modewelt

Rahmen

Auch wenn ich die Sendung nur sporadisch schaue, so muss ich doch gestehen, dass ich Jahr für Jahr aufs Neue geschockt bin, welch geschöntes und eigentlich vollkommen falsches Bild Germany’s Next Topmodel von der Modebranche vermittelt. Abgesehen von der ein oder anderen Zickerei und einem Umstyling-Drama wird die Branche und eben dieser Model-Job nach wie vor als der erstrebenswerteste Traum aller jungen Mädchen vermittelt. Reisen, eine gesunde Ernährung (Klar darf man sich immer mal wieder einen Burger gönnen!) und Glamour en masse. Die Inszenierung einer Traumwelt. Kein Wunder, dass jährlich tausende Mädchen zum Casting rennen. In den letzten fünfzehn Jahren, in denen ich die Branche hautnah erlebt habe, verlor ich viele Illusionen. Und ja, ich bin unglaublich froh, als (Mode)Bloggerin im Großen und Ganzen „mein eigenes Ding“ machen zu können, mich nicht jedem Wahnsinn unterwerfen zu müssen und mich dank mehrerer Themengebiete nicht 24/7 der teilweise doch sehr ernüchternden Modewelt widmen zu müssen. Ein paar Wahrheiten, die ich in den letzten Jahren erlebt und gelernt habe.

1. Dünn, dünner am dünnsten. Sicherlich gibt es bei Heidis Girls das ein oder andere Mädchen, das mit 16 tatsächlich „von Natur aus“ superschlank ist. Und tatsächlich essen kann, was es will. ABER: Die insbesondere in Paris erwünschte Model-Norm ist nicht durch ein gesundes Essverhalten zu erreichen. Und ja, Gerüchte über in Orangensaft getauchte Wattebällchen als Tagesmahlzeit sind wahr!

2. Unbezahlte Praktika sind nach wie vor Gang und Gäbe. Um also als ambitionierter Absolvent einer Modeschule ein Praktikum bei einem Top-Designer in New York oder Paris zu machen, muss man entweder mit einem sehr solventen, familiären Background gesegnet sein, oder sich neben dem 50-Stunden-Praktikum noch zwei andere Jobs suchen. Lesenswert: Alice hat hier einmal über ihr Praktikum bei Alexander Wang in New York geschrieben.

3. Street Style ist ein einziger Fake (Darüber hatte ich hier schon einmal ausführlich geschrieben.)

Street Style New York

4. Es gibt sicherlich wenige Branchen, in denen Neid und Missgunst so an der Tagesordnung liegen.

5. Photoshop ist omnipräsent. Lange Beine werden noch länger gemacht, Gesichter perfektioniert. Bei zu dürren Models (die erwünschte Norm auf dem Laufsteg) werden auch gerne einmal die herausstehenden Rippen retuschiert. In der Werbung kommt das ja nicht so gut, wenn das Model zu dünn aussieht.

6. „Der Teufel trägt Prada“ ist nichts im Vergleich zu dem, was teilweise in „echten“ Redaktionen abgeht.

7. Als Model wird man nicht selten wie ein Stück Fleisch behandelt und man sollte sich möglichst schnell abgewöhnen, eine eigene Meinung zu haben (bzw. diese zu äußern). Emotionen? Die sollte man sich lieber nicht leisten, denn Schwäche ist die wohl schlechteste Eigenschaft im Modelbusiness. Und im echten Leben ist auch keine TV-Mentor da, der dich tröstend in den Arm nimmt.

8. Es gibt immer 100 andere, die deinen Job wollen. Und die ihn auch für (noch) weniger Geld machen würden. Die Konkurrenz ist groß. Und sehr aggressiv.

9. Die Branche ist unglaublich schnelllebig. Insbesondere die Digitaliserung hat sie radikal verändert. Und der nächste Paukenschlag, der alles durcheinander wirbelt, lässt sicherlich nicht lange auf sich warten.

10. Ein Leben lang bei einem Arbeitgeber bleiben? Wer das anstrebt, der sollte sich definitiv eine andere Branche suchen. In Moderedaktionen gilt man schon als „alter Hase“, wenn man fünf Jahre dabei ist. Medienkrise, Umstrukturierung, neuer Chefredakteur …. Es gibt ständig Gründe, warum Stellen abgebaut und Redakteure mehr oder weniger aus dem Nichts gefeuert werden.


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10 Kommentare

  • 17
    05
    2016
    16

    Liebe Sarah,
    ich bin ganz froh, dass ich mich als junges Mädchen für den Weg entschieden habe, den ich bis jetzt gegangen bin.
    Hart ist es aus meiner Sicht inzwischen in jeder Branche und Neid und Missgunst habe ich eigentlich auch schon überall beobachtet. Es gibt überall Menschen, die wie verbissen nach Macht und Geld streben und denen deshalb jedes Mittel zum Zweck recht ist.
    Aber ich weiß, dass viele Models oft sehr einsam sind, weil sie einfach keine richtigen Freunde mehr haben (wie auch, wenn man andauernd nur noch unterwegs ist und herumreist) und Einsamkeit ist aus meiner Sicht das Schlimmste, was man im Leben erfahren kann.
    Liebe Grüße
    Jasmin

  • 17
    05
    2016
    16
    Emi

    Puh, das ist hart. Ich dachte, am Ende des Artikels kommt noch ein „ABER ES GIBT AUCH…“ Ich mag Mode als Ausdruck der Persönlichkeit, aber es ist für mich definitv nicht das Wichtigste.

    Dass Street Style Fake ist,hatte ich schon vermutet, allerdings finde ich es bei Bill Cunningham (New York Times) doch sehr authentisch: http://www.nytimes.com/video/on-the-street

    Allerdings muss ich sagen, dass dieser Beauty- und Modelwahn in Südamerika (vor allem Kolumbien) noch extremer ist.

  • 17
    05
    2016
    16

    @Emi: Das ABER ist der Grund, warum ich diesen Blog schreibe. Denn Mode hat zum Glück auch sehr viel Schönes zu bieten, das ich auf Josie loves mit euch teilen möchte. ;-)

  • 17
    05
    2016
    16
    Diana

    Danke liebe Sarah! Ich finde es toll, dass du immer wieder darüber aufklärst, wie es in der Mode(l)Welt wirklich zugeht, denn viele sehen leider nur das geschönte Bild und junge Mädels werden somit oftmals getäuscht……Diese Schein-und Glitzerwelt existiert leider nicht…

  • 17
    05
    2016
    16

    Hallo Sarah :-)
    Ich habe jahrelang in der Finanzbranche gearbeitet und kann bestätigen, dass es dort nicht anders läuft. Ich glaube überall wo es um Macht und Geld geht fangen Menschen an durch zu drehen ? Schade eigentlich! Schön ist, dass man sich als Blogger so wie du zumindestens ein bisschen davon distanzieren kann, weil man durch seine Leser etwas unabhängiger ist. Ich stehe da total auf deiner Seite :-)
    Wundertolle Grüße
    Anna

  • 17
    05
    2016
    16
    Alexa

    Liebe Sarah,
    ich bin fast ein wenig enttäuscht von diesem Artikel. Ich verstehe was du meinst, dass man von der Modebranche oft nur das Gute und Tolle mitbekommt. Aber ich denke, dass das doch den Bodenständigen unter uns klar ist, dass es auch schlechte Seiten gibt – wie in allen Berufen. Neid und Missgunst gibt es nicht nur in der Modebranche sondern in jedem Berufsfeld, in dem Konkurrenz vorhanden ist. Ich finde es schade, dass du Sendungen wie Germanys next Topmodel als erschreckend und schockierend darstellst. Na klar, zeigt es jetzt nicht alle schlechten Seiten des Modebusiness – aber es ist ja schließlich auch Fernsehen und eine Unterhaltungssendung. Diesen Kritikpunkt gilt dann schließlich auch für die komplette Werbebranche – auch Print! Ich erinnere mich, an einen Artikel in dem du mal am Rande erwähnt hast, dass das Bloggerleben ja doch gar nicht so einfach ist. Aber trotzdem wird uns jeden Tag (Ja, auch auf deiner Seite!) ein traumhaftes Leben präsentiert, in dem eine Person ständig neue Klamotten präsentieren kann, die nicht selten auch recht teuer sind, um die Welt reist und häufig im Urlaub ist. Also was macht die Topmodelsendung falsch, was du nicht in gleichem Maße genauso tust?!
    Versteh mich nicht falsch, ich liebe deinen Blog und lese ihn gerne. Ich mag deine Art und deinen Stil. Ich weiß aber auch, dass mir hier nur die schönen Seiten präsentiert werden, es soll ja schließlich auch einer gewissen Unterhaltung dienen. Oder liege ich da falsch?

  • 17
    05
    2016
    16

    @Alexa: Ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Ich verstehe, was du meinst. Mir persönlich liegt sehr viel daran, eben nicht nur dieses „traumhafte Leben“ zu präsentieren, das fälschlicherweise oftmals mit der Mode- und ja auch der Blogger-Branche verbunden wird. Deshalb habe ich auch schon oft über die Schattenseiten des Bloggerbusiness geschrieben. Es gab in den letzten Jahren weit mehr als nur einen Artikel, in dem ich am Rande etwas Negatives erwähnt habe. Ja, im ersten Moment sieht das Bloggerleben super glamourös aus, und viele Kollegen zeigen auch wirklich NUR das Positive. Ich möchte aber nicht nur die Oberflächlichkeiten zeigen, sondern auch ab und an hinter die Kulissen blicken. In den letzten Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass eben nicht allen klar ist, dass die Mode(l)branche nicht ganz so glamourös und harmlos ist, wie sie sich gerne darstellt. Oft werde ich mit großen Augen angeschaut, wenn ich von einem negativen Aspekt erzähle. Und um deine Frage zu beantworten, was die Topmodelsendung falsch macht, was ich nicht auch so tue: Die Sendung gaukelt sehr viel vor und verdreht Tatsachen. Sehr viel wird für die Quote gefaked und vorgespielt. Manche Dinge sind allen klar, andere nur Menschen, die sich in der gleichen Branche bewegen. Und ich kann mit guten Gewissen sagen, dass ich euch hier auf dem Blog nichts vorspiele. ;-)

  • 18
    05
    2016
    16
    Emi

    Und was wäre wenn sich in der Richtung wirklich schrittweise was ändern würde?
    –>Stichwörter wie Eco-friendly Fashion/ Women as Game-Changers/ feminist fashion/ Ethical Fashion/ Reframing Fashion??
    Das würde mich auf jeden Fall detaillierter interessieren.

    @Sarah: ich mag deine auf dem Blog geposteten positiven Perspektiven auf Mode, besonders in Zusammenhang deiner Reisen :)

  • 18
    05
    2016
    16

    Liebe Sarah,
    solche Artikel mag ich wirklich gerne von dir. Als jemand der mit dieser Branche wenig zu tun hat, finde ich das immer mega spannend. Ich denke es liegt vieles auch daran das es in der Modebranche ja viel um Aussehen geht. Man kann schlecht eine Ausbildung machen mit der man dann das beste Model ist und auch der Fotograf mit dem meisten Wissen ist lange nicht der Beste.

    In anderen Berufsfeldern hat man wenigstens die Chance sich mit Aus- Weiterbildung nach oben zu arbeiten auch wenn es da natürlich ebenfalls viel um Vitamin B und Sympathie geht, aber die Chancen sind finde ich einfach gerechter verteilt. Ich bin in der Finanzbranche und hier zählt „das was man auf dem Papier hat“ wie Ausbildungen, Berfurserfahrung, Zeugnisse doch noch wesentlich mehr.

    Liebe Grüsse
    Sylvia
    http://www.mirrorarts.at

  • 22
    05
    2016
    16

    Hi Sarah!
    Als jemand, der sowohl bei einem Magazin, als auch mittlerweile in der Modebranche arbeitet, muss ich dir hier 100% zustimmen, auch, wenn es echt traurig ist. Nur wir können etwas an der Situation ändern und deshalb finde ich es klasse, dass du eine 360° Ansicht auf deinem Blog zeigst, von dem, was das Bloggerleben so ausmachst.
    Bewahre dir deine Authentizität! ❤❤
    Katja

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