„Wie, ihr verreist allen Ernstes gemeinsam mit deinen Eltern UND den Schwiegereltern? Ist das nicht furchtbar anstrengend?“ Eine Frage, die ich vor unserer mittlerweile vierten Reise zu sechst des Öfteren gestellt bekam.
Zugegeben, als Teenager war ich irgendwann schrecklich froh, als ich mit meinen Freundinnen alleine verreisen durfte und hätte mir im Leben nicht mehr vorstellen können, FREIWILLIG noch einmal mit meinen Eltern zu verreisen. Nicht etwa, weil es mit ihnen so schlimm gewesen wäre, sondern weil ich mir als Teenie (oh ja, ich hatte eine sehr rebellische Phase im Bezug auf meine Eltern.) nichts Uncooleres hätte vorstellen können.
Das hat sich einige Jahre später geändert. Chris und ich wohnen mittlerweile seit zwölf Jahren in München und sehen unsere Eltern manchmal monatelang nicht. Die gemeinsame Zeit ist nur noch ein Bruchteil von früher und plötzlich gibt es da ein Gefühl, das man sich als Teenager nicht hätte vorstellen können: Man vermisst die Eltern, würde gerne mehr Zeit miteinander verbringen, wenn man schon über 300 Kilometer auseinander lebt und sich das auch nicht mehr ändern wird.
Chris und ich kommen bekanntlich beide aus Baden-Württemberg, und meine Eltern und Schwiegereltern wohnen wenige Kilometer auseinander, kennen sich und haben sich in den letzten Jahren eng angefreundet. Und so kam irgendwann die Idee auf, wieso wir nicht alle einmal gemeinsam verreisen könnten. Immerhin waren wir schon für unsere Hochzeit in dieser Konstellation in New York City und hatten eine grandiose Zeit. Wir überlegten uns ein Reiseziel, das sehr vielfältig ist, für jeden etwas zu bieten hat und uns alle gleichermaßen begeistert. Schnell kamen wir auf Südafrika – und so reisten wir vor zweieinhalb Jahren in dieses ferne Land. Ehrlich gesagt dachte ich, dass das „die eine große gemeinsame Reise“ wird. Aber: Im letzten Jahr überraschten wir unsere Eltern auf Mauritius, im Winter waren wir gemeinsam für einige Tage auf Mallorca und aktuell sind wir wieder in Südafrika.
Doch kommen wir zur Frage, um die es hier eigentlich geht: Funktioniert solch ein Urlaub mit den Eltern?
Oh ja, manchmal gehen wir uns alle tierisch auf die Nerven. Denn immerhin prallen verschiedene Generationen aufeinander. Und dass verschiedene Generationen beim Thema Reisen extrem unterschiedlich ticken wird schon beim Thema Packen ganz klar.
„Wochenlang im Voraus packen“ versus „Sonntagmittags, bevor es am Nachmittag an den Flughafen geht“.
„Eine Mappe anlegen, in der alle ausgedruckten Buchungsbestätigungen aufbewahrt werden“ versus „Natürlich nichts Ausgedrucktes dabei haben. Wofür gibt es schließlich ein Smartphone?“
Und so weiter und so fort …. Mein persönlicher Favorit: Das „Kopfekisse“ meines Schwiegervaters muss immer mit ins Gepäck.
Wenn dann endlich mal alle an einem Ort angekommen sind, so gibt es natürlich auch immer wieder Situationen, in denen wir so gaaanz anders ticken. Bei dem Thema Reisen werden die altbewährten Rollen nicht selten vertauscht. Plötzlich schlüpfen die Kinder in die Elternrolle, organisieren, planen, schauen, dass es allen gut geht.
Wie gesagt, es prallen verschiedene Generationen aufeinander. Aber das muss ich euch ja nicht sagen, denn die „Eltern und Kinder sind nicht immer kompatibel“-Situation kennt sicherlich jeder von euch. Und ja, mit unterschiedlichen Ansichten und Eigenschaften kann man sich auch mal gegenseitig tierisch auf die Nerven gehen. Zum Beispiel, wenn laut über das Verhalten des Nachbartisches gesprochen wird (Immerhin sind wir ja in Südafrika, da spricht man ja Englisch und deutsches Geläster versteht eh niemand) und die Gäste am Nachbartisch natürlich auch deutsche Touristen sind.
Chris und ich hingegen sorgten für blankes Entsetzen bei unseren Eltern, als wir verkündeten, dass man am Abend vor der morgendlichen Bootstour vielleicht ausnahmsweise einmal auf den Wein verzichten sollte. Ein großes Drama, denn der südafrikanische Wein schmeckt doch so gut … und im Urlaub darf das Gläschen am Abend nicht fehlen …
Ja, ab und an gibt es die Momente, in denen diese Reise-Konstellation anstrengend ist. Warum wir dennoch zu sechst verreisen? Weil die schönen Momente überwiegen – und zwar ganz klar!
Und wenn – und das ist ein wenn, an das wir alle nur sehr ungerne denken – die Eltern irgendwann nicht mehr da sind, dann erinnert man sich an genau diese schönen Momente. Die besonderen Dinge, die man gemeinsam erlebt hat. Nicht, dass eine bestimmte und im Nachhinein völlig unnötige Situation nervig war. Nicht daran, dass es an einem von vielen Abenden Streit gab, sondern daran, dass man gemeinsam auf einem Berg stand und den wunderschönsten Ausblick hatte, unglaublich viel gelacht hat, etwas für alle zusammen Neues erlebte und nicht nur einen einzigartigen „das werde ich niemals in meinem Leben vergessen“-Moment hatte. Es ist so kostbar, auch mal ein bisschen mehr Zeit zusammen zu haben – und das nicht im Alltag, sondern an einem besonders schönen Fleckchen Erde.
Wir in unserer Gruppe haben immer so viel Spaß und viele Insider, über die wir uns noch lange Zeit später jedes Mal kringelig lachen, entstehen während unserer gemeinsamen Reisen. Zum Beispiel werden wir bestimmt noch ganz lange losprusten, wenn wir an meinen Dad denken, der ganz selbstverständlich in Flip Flops und kurzer Hose die abendliche Safari antrat, während wir alle in dickster Winterkleidung im Auto saßen – und ihm dann noch das Handy aus dem Auto fiel, während zwei Rhinos direkt vor uns standen und er es selbst wieder einsammeln wollte. Die panische Reaktion des Rangers könnt ihr euch sicherlich bildlich vorstellen.
Es gibt unzählige Erlebnisse, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Unter anderem der Moment, als direkt neben unserem Schiff zwei Wale auftauchten: Diesen Bucket List Punkt gemeinsam mit meinen Lieblingsmenschen abhaken zu dürfen bedeutet mir sehr viel.
Ich bin ganz klar „pro Urlaub mit den Eltern“ – auch wenn man solche Reisen selbstverständlich wohldosiert machen sollte. Zu einem besonderen Anlass, wie beispielsweise dem runden Geburtstag meiner Mum im letzten Jahr.
Ein Tipp, der für solch eine Reise Gold wert ist (na gut, eigentlich sind es mehrere): Es ist ausgesprochen wichtig, dass jeder seinen Freiraum hat. Dass jeder (in unserem Fall „jedes Paar“) auch mal etwas alleine unternimmt, man zum Beispiel in einem gemeinsamen Haus genug Privatsphäre hat, und dass man Wünsche und Vorstellungen im Vorfeld bespricht.
Seid ihr im Erwachsenenalter schon einmal mit euren Eltern verreist? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
PS: Wieso ich heute ein Landschaftsbild und kein Familienfoto poste? Manches muss einfach privat bleiben – und dazu zählt auch der Urlaubs-Schnappschuss mit der Family.