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Miteinander statt Gegeneinander

In meinem Montags-Update bin ich bereits im Ansatz auf dieses Thema eingegangen, möchte ihm heute aber nun noch einen gesamten Artikel widmen und meine Gedanken mit euch teilen.

Was für eine Woche! Ich glaube, das Gedankenkarussell in meinem Kopf war selten so schnell – das ging uns wohl fast allen so. Schock – Traurigkeit – Verwirrung – Freude – Müdigkeit- Gemeinschaftsgefühl – Angst – Verzweiflung – Hoffnung. Jeder von uns hat momentan sein Päckchen zu tragen. Zumindest kenne ich persönlich eigentlich niemanden, der aktuell nicht mit Sorgen, kleinen oder großen Ängsten zu kämpfen hat. Was uns aber davor abhält, uns zu tief in das kleinere oder größere persönliche Drama fallen zu lassen, das ist die Tatsache, dass wir „gerade alle im selben Boot sitzen“. Dass wir die Situation und die Ausmaße, die sie auf unser privates und berufliches Leben haben wird, nicht in der Hand haben. Auch wenn es schöner wäre, wenn alle zusammen in einem Sommer-Sonne-Gute-Laune-Boot sitzen würden, so tröstet es doch, dass es in dieser für wohl kaum jemanden einfachen Zeit ein ganz großes Miteinander gibt. Ja, dieses „gemeinsam sein“ spürt man wirklich!

Dennoch beobachte ich momentan in dieser Extremsituation zwei gesellschaftliche Entwicklungen. Und die könnten nicht konträrer sein. Auf der einen Seite steht das große Miteinander. Die „Support your Local“-Bewegung, die Nachbarschaftshilfe, all die neuen Formate, die in kürzester Zeit entstanden sind, um digital zusammen zu sein. Das ist großartig! Aber: Auf der anderen Seite fühlt es sich so an, als wäre das „Gegeneinander“, das leider immer ein Teil unserer Gesellschaft ist, aktuell größer denn je. Was ich genau meine? Eine persönliche Situation hatte ich am Montag bereits geschildert, davon konnte ich im Laufe der Woche unzählige ähnliche auf Social Media beobachten. Plötzlich meinen viele, viele Menschen, mehr denn je mit dem Finger auf andere zeigen zu müssen, diese sogar öffentlich an den Pranger zu stellen.

„Schaut mal, der hier hat sich falsch verhalten!“

Für viele gibt es aktuell nur „Schwarz“ und „Weiß“, nur „richtig“ und „falsch“. Ganz klar, es gibt diese Aktionen, über die absolut jeder Mensch mit einem gesunden Verstand nur den Kopf schütteln kann. Ich spreche von Corona-Partys oder Jugendlichen, die alten Menschen mit einem blöden Spruch absichtlich ins Gesicht husten. Ja, solche Extreme schocken mich zutiefst und lassen mich am gesunden Menschenverstand mancher Mitbürger sehr zweifeln.

Doch darum geht es mir heute gar nicht, wenn ich von einem „Gegeneinander“ spreche. Denn Menschen, die sich so unfassbar fahrlässig und beim zweiten Beispiel sogar menschenfeindlich verhalten, die kann man nicht belehren. Und die erreiche ich mit diesem Medium ziemlich sicher auch nicht. Mir geht es darum, dass plötzlich jedes noch so kleine „Vergehen“ an den gesellschaftlichen Pranger gestellt wird. Eltern, die ihre Kinder in dieser absoluten „vollgepackter Arbeitstag im Home Office + die Kinder zuhause“-Ausnahmesituation nach wie vor mit dem Nachbarskind spielen lassen, ein Pärchen, das in der Mittagspause auf der Terrasse des Cafés sitzt, oder erwachsene Kinder, die am Geburtstag ihre Eltern besuchen, und so weiter und so fort …

Können wir uns bitte einmal kurz vor Augen führen, dass diese Handlungen vor wenigen Tagen noch „das Normalste der Welt“ waren? Wir befinden uns aktuell in einer noch nie dagewesenen Situation und die öffentlichen Regeln haben sich in den letzten Tagen teilweise innerhalb weniger Stunden radikal verändert. Natürlich ist es absolut dumm und verantwortungslos, die Gefahr des Virus zu verleugnen, sich sogar darüber lustig zu machen. Solch ein Verhalten wird zurecht aufs Schärfste kritisiert. Auch ich halte mich streng an die Regeln. Aber ganz ehrlich? Keine Ahnung, ob ich die Distanz wirklich hätte konsequent durchziehen können, wenn meine Mama um die Ecke wohnen würde und sie zufälligerweise jetzt in dieser Woche 60 geworden wäre … Wenn sie gesagt hätte „Komm doch bitte auf ein Stück Kuchen vorbei!“ Vermutlich hätte ich sie besucht – wenn auch ohne die sonst so herzliche Umarmung.

Was ich damit sagen will? Für uns alle ändert sich gerade unfassbar viel. Und jeder geht anders damit um. Der eine hängt nun zehn Stunden am Tag vor dem Laptop und konsumiert nahezu jedes digitale, soziale Event, der andere schaltet das Handy den ganzen Tag aus. Der eine lacht Tränen über die Klopapier-Memes, der andere kann sie nicht mehr sehen. Der eine hat sich Anfang dieser Woche noch mit seinen besten Freunden im kleinsten Kreis getroffen, der andere nicht. Der eine möchte Zerstreuung in Form von Lifestyle Themen, der andere nicht. Der eine findet, dass Reisethemen auf Blogs gerade unfassbar unpassend sind, der andere liest gerade jetzt gerne von einem wunderschönen, fernen Ort – um sich in Gedanken dahin zu träumen. Zu letzterem Beispiel würde mich by the way eure Meinung sehr interessieren: Reise-Themen auf Josie loves in den kommenden Wochen, Ja oder Nein?

Aber so lange wir nicht grob fahrlässig mit der aktuellen Problematik umgehen und anderen schaden, darf doch um Himmels Willen jeder ganz genau das tun, was ihm aktuell gut tut. Und klar gibt es tausend Dinge, die wir zuhause endlich mal erledigen können (Ich persönlich freue mich darüber, so viele „Irgendwann, wenn wir mal länger zuhause sind“-Punkte auf der To Do Liste abzuhaken), aber für sehr aktive Menschen kann es auch unfassbar beklemmend sein, plötzlich non stop zuhause zu sitzen. Insbesondere, wenn wie in München gestern Morgen per Lautsprecher in den Straßen ausgerufen wird, dass man hohe Strafen zu erwarten habe, wenn man die Regeln nicht einhält. Das kann Angst machen. Und natürlich „mussten unsere Großeltern in den Krieg ziehen und wir müssen einfach nur Zuhause bleiben“. Trotzdem kann auch diese Challenge groß sein. Insbesondere, wenn man mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen hat. Hierzu habe ich in dieser Woche mehrere Nachrichten bekommen. Und um an dieser Stelle mal ganz offen und ehrlich zu sein: Klar habe auch ich momentan extrem mit meinem Tinnitus zu kämpfen – und ich bin so unfassbar dankbar, dass ich Chris an meiner Seite habe. Keine Ahnung, wie ich damit umgehen würde, wenn ich nicht so ein stabiles Umfeld hätte.

Ich habe diese Woche auf Social Media zahlreiche Bilder gesehen, auf denen „die vielen Menschen, die immer noch so blöd sind, nach draußen zu gehen“ gezeigt wurden. Schaut man (natürlich gab es die großen Gruppen, über die alle schimpfen, auch in der Realität) genauer hin, sieht man oftmals primär Zweiergruppen. Mit seinem Partner spazieren gehen darf man nach wie vor. Entscheiden sich in einer Großstadt bei bestem Wetter viele, viele Menschen gleichzeitig für solch einen Spaziergang … klar sieht es so aus, als „wäre jeder an der Isar“.

Interessant finde ich, dass all diejenigen, die Bilder von „zahlreichen Menschen“ gemacht haben, ja offensichtlich selbst von ihrem Recht Gebrauch machten, sich die Beine zu vertreten und frische Luft zu schnappen. Ich könnte nun noch ewig weiterschreiben, aber ich glaube, die Message kam sicherlich schon rüber. Man muss Dinge differenziert betrachten und dieses „mit dem Finger auf andere zeigen“ bringt niemandem etwas. Dadurch entsteht nur negative Energie. Und das ist doch das Allerletzte, das wir aktuell brauchen, nicht wahr? Widmen wir uns also lieber dem Miteinander. Dem Gemeinschaftsgefühl, das aktuell sooo, soooo wichtig ist. Habt ihr dieses Wochenende schon eure Eltern angerufen? Wenn nicht, dann ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür. Bleibt gesund und passt auf euch auf! PS: Wie immer – und aktuell sogar noch ein bisschen mehr als sonst – freue ich mich von Herzen über eure Gedanken zu diesem Thema in den Kommentaren!

Edit: Eine liebe Leserin, die selbst in einem Münchner Krankenhaus arbeitet, hat mir gerade eine Mail geschrieben. Sie wies mich darauf hin, dass man diesen Blogpost auch so lesen könnte, dass es kein Problem ist, sich noch mit Freunden zu treffen oder die Eltern zu besuchen. So ist dies wirklich AUF GAR KEINEN FALL gemeint. Auch wir treffen uns jetzt selbstverständlich nicht mehr mit Freunden und bleiben bis auf kleine Spaziergänge zu zweit ausschließlich zuhause – heute Abend steht by the way ein Face Time Spieleabend an. Ich bin dankbar für all die digitalen Möglichkeiten, die wir haben. Mir ging es nur darum, dass man nicht mit dem Finger auf diejenigen zeigen sollte, die in dieser Woche – bevor es die klaren Regeln gab – noch vermeintliche „Fehler“ gemacht haben. Dieses „Gegeneinander“ hilft niemandem.


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10 Kommentare

  • 22
    03
    2020
    20
    Veronika

    Ich würde gerne Reise-Themen lesen! Ich frage mich vor allem, wann und in welcher Form wird uneingeschränktes Reisen wie wir es kannten überhaupt wieder möglich sein? Ich kann mir leider sehr gut vorstellen dass es noch lange Beschränkungen und Einreisebestimmungen gibt, man z. B. erstmal in Quarantäne muss etc. Und selbst wenn, wäre es überhaupt vernünftig dieses Jahr noch in Länder zu reisen die bei weitem nicht ein Gesundheitssystem haben wie wir und die Gefahr besteht das Virus dorthin zu tragen?
    Auch wenn es jetzt nicht ganz zum Artikel passt aber ich hätte einen Themenvorschlag: vielleicht kannst du Tipps zum Arbeiten im Home Office geben. Ich bin seit letzter Woche im HO und es fällt mir gar nicht so leicht.

  • 22
    03
    2020
    20

    Hallo Sarah,da ich kaum auf Social Media unterwegs bin, und eher nur Nachrichten verfolge, in Blogs mich einlese oder per Whatsapp Memes erhalte, bekomme ich dieses Gegeneinander kaum mit:). Aber es hinterlässt natürlich auch Spuren der Angst :/. Wir gehen kaum noch raus, und versuchen in dieser Zeit auf uns zu konzentrieren. Es ist glaube ich nur noch eine Frage der Zeit mit einer landesweiten Ausgangssperre…. Es würde mich aber freuen, wenn Du trotzdem gerne über Reisen bloggst. Ich passe gerade auf 2 Kinder einer Freundin auf, und bastel mit ihnen an ihren Trauminseln, da bräuchte ich eventuell noch ein paar Inspirationen, und schöne Bilder :).
    Viele liebe Grüße, Karoline.

  • 22
    03
    2020
    20
    Stephanie

    Hallo Sarah,

    ich würde mich weiterhin sehr über Blogposts freuen. Reisethemen interessieren mich derzeit ehrlich gesagt weniger. Wenn dann eher Reiseziele in Deutschland in der Natur. Das ist aber absolut Geschmackssache und ich kann genau so gut verstehen, dass andere gerne von fernen Ländern träumen oder ihre nächste Reise planen.

    Viele liebe Grüße und einen schönen Sonntag

  • 22
    03
    2020
    20
    Kim

    Hallo Sarah,
    Auch ich freue mich über neuen Reise und Lifestyle Content. Einfach etwas Normalität in dem Wahnsinn. Übrigens finde ich es sehr toll, dass du die momentane Zeit nicht komplett totschweigst, so wie andere Blogs. Dieser Mittelweg gefällt mir sehr gut.
    Es ist wirklich verrückt wie viel sich in den letzten Wochen verändert hat. Letzte Woche hatten wir noch einen JGA für diese Woche geplant. Den haben wir mittlerweile abgesagt. Das Verrückte dabei ist, dass wir nicht wissen, wie und wann wir ihn nachholen können.
    Am Meisten treibt mich und meinen Freundeskreis eben diese Ungewissheit um. Ich finde, dass genau da das Miteinander hilft. Wir schaffen es gemeinsam und sind dank Freunden, Familie, liebe Nachbarn usw. nicht alleine.
    <3

  • 22
    03
    2020
    20

    Es ist für uns normale Menschen momentanunfassbar schwierig einzuschätzen, was noch ok ist und was nicht. Klar können wir uns jetzt alle im Haus verkriechen und zwingend dort bleiben – aber ganz ehrlich, das ist nicht langfristig aushaltbar, und wir müssen uns damit nun mal jetzt länger arrangieren. Deswegen finde ich es extrem wichtig, dass man noch spazieren und joggen gehen darf – natürlich aber nur alleine oder mit den Mitbewohnern. Das bringt niemanden in Gefahr, solange man sich draussen an den Abstand voneinander hält und nichts unnötig anfasst!
    Es ist nichts gewonnen, wenn wir uns jetzt alle eine Woche vergraben und danach alles falsch machen, weil wir es nicht mehr aushalten. Gesunder Menschenverstand hat noch immer geholfen!

  • 22
    03
    2020
    20
    Kate

    Ich kann deinen Post nur so unterschreiben.
    Und bitte gern Reisethemen…um sich wegzuträumen aber auch um Vorfreude auf das große „Danach“ zu haben.

  • 22
    03
    2020
    20
    Alexandra

    Liebe Sarah, diese Panempedemie ändert Menschen nicht. Da ist alles so wie davor. Es gibt welche die helfen, es gibt welche die sich wichtig machen, es gibt welche die die Bildchen posten usw.
    Es muss einfach jeder das machen was für Ihn/Sie richtig ist.
    Unsere Nachbarschaftshilfte ist extrem gut angelaufen. Und da sind Bindungen entstanden, die Weit über diese Sache weiterlaufen werden.
    Ich persönlich würde mit unglaublich Reiseberichte wünschen. Chris und du habt die Gabe einen wirklich mit auf die Reise zu nehmen. Das ist so wundervoll und wohltuende. Gerade in dieser Zeit.
    Euch alles liebe und Gute
    Alexandra

  • 22
    03
    2020
    20
    Emi

    Liebe Sarah, der Online Spieleabend ist wirklich eine gute Idee – wobei der Spielverlauf ganz schön verzögert wird, oder? Oder empfiehlst du ein Spiel besonders? Spaziergänge zu zweit sind mir auch sehr wichtig.

    Ansonsten versuche ich während #stayhome und #socialdistancing meine Informationsflut etwas einzudämmen, das es sonst wirklich sehr beängstigend und überwältigend ist.

    Deshalb meine Frage: Wie wäre es mit einem LeserInnenaufruf wie z.B. “Zeig deinen “HappyPlace”! Mit einem Foto und einer kurzen Beschreibung: Lieblingsorte (im Park, am See, oder im vergangenen Urlaub)? Das würde gute Laune verbreiten 💚😃 – nur als Idee.

  • 23
    03
    2020
    20
    Maria

    Liebe Sarah
    Wie eigenlich immer, triffst du es auch diesmal mit deiner Kolumne genau auf den Punkt. Das Miteinander ist wichtiger den jeh und ich sehe in dieser ganzen Situation auch eine Chance, sich wieder mehr um andere zu kümmern und sich nicht nur auf sich selbst zu konzentrieren. Bestimmt werden wir danach „alltägliche“ Dinge wie Restaurantbesuche oder Treffen mit Freunden wieder mehr zu schätzen wissen.

    Ich würde sehr gerne Reiseberichte lesen, ein bisschen Ablenkung tut momentan allen gut! :)

  • 23
    03
    2020
    20
    Marla

    Immer her mit Reiseberichten! Schließlich hoffen wir wohl alle, dass mal wieder andere Zeiten kommen. Bis dahin sollte es völlig in Ordnung sein, auch mal „vor die Tür“ zu gehen. Bewegung an frischer Luft stärkt ja auch das Immunsystem, und man kann das ganz für sich allein oder wie wir gestern zu zweit tun. Es muss nicht im Rudel sein. Und zur Arbeit muss man auch, egal, wie man hinkommt. Also aus meiner Sicht: Ab nach draußen, aber mit Augenmaß und gebotenem Abstand. Geschockt bin ich allerdings über die Unfreundlichkeit mancher Leute; da wird ein freundlicher Gruß (auf Distanz, versteht sich) einfach nicht mehr erwidert, da wird die höfliche Frage, ob man nunmehr eintreten darf, von der Security-Kraft mit einem ruppigen „Nein!“ ohne weitere Erklärung abgebügelt. Klar, viele sind mit der Situation einfach überfordert, aber bitte lasst uns einfachste Gebote des Anstands wahren. Und wenn wir dann draußen sind, öfter mal innehalten: Der Frühling ist es wert!

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