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Jung = schön?

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Ich habe hier schon des Öfteren darüber geschrieben, wie schlimm ich es finde, dass es in meiner Branche offensichtlich nur ein Schönheitsideal gibt: Dünn, dünner, am dünnsten. Und auch wenn ich finde, dass über dieses große Problem nie genug gesagt ist und ich nach wie vor so sehr hoffe, dass sich etwas ändert, so geht es heute nicht um dieses Thema. Heute möchte ich mich einem anderen Thema widmen, das mich schon länger beschäftigt, und das ebenfalls in der Modebranche und in den Medien im Allgemeinen omnipräsent ist: Je jünger, desto schöner!

Wenn es nach den Boulevard-Medien und der Modeindustrie geht, dann haben wir Frauen ganz klar ein „Ablaufdatum“. Sobald die magische 4 überschritten ist, geht es stetig bergab. Da wird nicht mehr „Sie ist eine schöne Frau“ gesagt, sondern „Auch mit 41 ist sie noch eine schöne Frau.“. Nein, oftmals geht es sogar schon früher los. „Obwohl sie auf die 40 zugeht sieht sie immer noch toll aus!“ Seriously? Als ob es die allergrößte Überraschung wäre, wenn eine Vierzig-, Fünfzig-, Sechzigjährige noch schön ist, noch einen schlanken und trainierten Körper, auch mit Falten noch ein ausgesprochen attraktives Gesicht hat.

Meine Mum ist by the way im letzten Jahr 60 geworden. Sie sieht toll aus, hat eine Haut, um die sie manch sehr junge Frau beneidet, treibt viel Sport und macht eine perfekte Figur im Minirock auf dem Tennisplatz.

Momentan besonders gefundenes Fressen: Die 45-jährige Heidi Klum, die den 29-jährigen Tom Kaulitz datet. Noch nie habe ich so viele abartige Kommentare im Internet gelesen. „Der Lack ist bei der Oma doch schon lange ab“, ist einer der netteren. Man könnte meinen, die unglaublich schöne, ungeschminkt fast jugendlich wirkende Heidi wäre schon scheintot. Wie soll man sich denn dann als „völlig normale“ 45-jährige Frau fühlen, wenn schon über ein überaus attraktives Topmodel so hart geurteilt wird?

Doch zurück neu Heidi Klum. Selten wurde sich über eine Beziehung so sehr das Maul zerrissen. Doch die beiden wirken glücklich – und ob es nun von kurzer Dauer ist, weil er ihr vielleicht irgendwann doch zu jung ist oder sie bis ans Lebensende glücklich sind – wen geht das bitte etwas an?

Wenn eine Frau 16 Jahre jünger als ihr Mann ist sagt kein Mensch etwas. Wie sehr ich mich über diese völlig veraltete Sichtweise aufrege. Wer von uns weiß schon, wer von den beiden wem intellektuell überlegen ist, wie ihr gemeinsamer Alltag aussieht, worüber sich die Beziehung definiert? Doch ich möchte jetzt gar nicht zu sehr in ein anderes Thema rutschen, darüber gäbe es allerdings auch sehr viel zu schreiben …

Heidi Klum ist nur eines von vielen Beispielen. Momentan wird Jennifer Lopez, die offensichtlich ein ziemlich diszipliniertes Workout durchzieht, immer wieder als absolute Ausnahmeerscheinung gezeigt. „Fast 50, und sie sieht immer noch so heiß aus.“ Oder Cindy Crawford, die ihrer 17-jährigen Tochter Kaia Gerber in Sachen Schönheit in nichts nachsteht. Warum um Himmels Willen muss ein Lob für das gute Aussehen einer Frau jenseits der 40 immer mit einem „noch“ versehen werden?

Der Jugendwahn ist insbesondere in meiner Branche allgegenwärtig. Botox ist unter Influencern schon mit Anfang 20 keine Seltenheit, jede Falte wird bei Frauen (Bei Männern wird das ja tatsächlich völlig anders bewertet) als Schwachstelle gesehen.

Auch ich kann mich nicht 100% von diesen Gedanken freimachen und freue mich, wenn ich jünger als 32 geschätzt werde. Vermutlich weil das, wenn man die 3 überschritten, hat automatisch als Kompliment gemeint ist. „Ich hätte dich auf 27 geschätzt“ zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht. Wie lächerlich das doch ist, wenn man überlegt, wie jung man mit 32 ist, wir eine Lebenserwartung von weit über 80 Jahren haben ..

Doch mal ehrlich: Ist unsere Gesellschaft echt so unfassbar oberflächlich, dass sie das Schöne nur im Zusammenhang mit der Jugend sieht? Dass Frauen eine Art „Verfallsdatum“ haben?

Nicht falsch verstehen: Wie mein Vater so schön sagt hat das Alter „nicht nur Nach-, sondern auch viele Vorteile gegenüber des Jung seins“. Innere Schönheit ist so viel wichtiger als äußere Schönheit und es gibt so viel mehr Dinge, auf denen Glück basiert, die das Leben lebenswert machen.

Das Aussehen ist bei weitem nicht alles – wenn wir ehrlich sind so nichtig im Vergleich zu anderen Dingen. Mir geht es heute nur darum, einen Punkt anzusprechen, den ich oftmals für fast genauso schlimm wie Bodyshaming erachte – und für durch und durch falsch empfinde.

Und natürlich würden mich auch sehr eure Gedanken zu diesem Thema interessieren: „Jung = schön!“ Wie empfindet ihr diese Aussage?


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15 Kommentare

  • 04
    11
    2018
    18
    Hannah

    Nun ja, was Du beschreibst ist ja auch sehr klischeehaft: Du empfindest Deine Mutter als 60jährige attraktiv, weil sie eine tolle Haut hat
    (besser als manch jüngerer Mensch), schlank und trainiert ist und im Minirock gut aussieht… Finde den Fehler. ;)
    Ich persönlich finde Menschen auch dann wirklich SCHÖN, wenn sie viele Falten haben und ein paar Kilos mehr, wenn sie von innen leuchten.
    Das Alter spielt dabei einfach keine Rolle. Und sollte es auch nicht.
    In Deinem Artikel kommt dieser Punkt, der Dich so stört, leider nicht gut argumentiert rüber, man hat schon den Eindruck, dass Du selbst
    auch durchaus ziemlich verhaftet bist in dem was das „Idealbild“, das heutzutage propagiert wird, ausmacht. Ich denke, das bringt Dein
    Beruf mit sich. LG Hannah

  • 04
    11
    2018
    18
    Veronika

    Ich stimme dir zu. Danke für diesen Artikel! Und ich würde fast noch einen Schritt weiter gehen: man ist auch schön wenn man mit 45 aussieht wie 50 oder wenn man mit 60 keinen Minirock mehr trägt oder mit 35 Falten hat. Für mich machen andere Dinge (wenn man mal rein beim
    Optischen bleiben will) die Schönheit eines Menschen aus. Sein Lächeln, die Farbe der Stimme, das Strahlen der Augen, das alles ist zeitlos und an kein Alter gebunden. Ich denke, es ist schwer die Gesellschaft oder Medien in ihrer Ansicht zu änden, aber wir können unser eigene Ansicht ändern oder überdenken! Aber auch das ist eine Frage des Alters. Wäre mir mit 22 nicht eingefallen, jetzt mit Mitte dreißig tue ich es und es ist teilweise sehr befreiend. Auch so ein Vorteil vom Älterwerden :)

  • 04
    11
    2018
    18

    @Hannah: Danke für deinen Kommentar. Ich finde meine Mutter aus so vielen Gründen sehr attraktiv. Das von der angesprochene „innere Leuchten“ trifft übrigens sehr auf sie zu. Ich liebe ihr Lachen und ihre herzensgute Art. :-) Um genau solche Kommentare zu vermeiden habe ich in meinem Artikel extra betont, dass innere Schönheit so viel wichtiger ist als äußere Schönheit und ich aber in meinem Artikel gezielt diesen Punkt ansprechen wollte.

    Du hast absolut Recht, es gibt 1000 Punkte, die eine Frau jeden Alters schön machen, aber wie gesagt, ich habe hier gezielt das Bild angesprochen, das die Gesellschaft vermittelt. Ehrlich gesagt finde ich die Aussage „Ich denke, das bringt Dein Beruf mit sich“ auch ein wenig klischeehaft. ;-)

  • 04
    11
    2018
    18

    @Veronika: Oh ja, das „Älterwerden“ hat auch eindeutig viele Vorteile. Und du hast so Recht, es gibt soooo viele Dinge, die die Schönheit eines Menschen ausmachen. Ich persönlich finde besonders das Lächeln und die Ausstrahlung eines Menschen schön – und das hat so gar nichts mit dem Alter zu tun. :-)

  • 04
    11
    2018
    18

    Ich bin 39, in ein paar Wochen werde ich 40. Meine Mutter wird 69, und ich finde sie ausgesprochen attraktiv, das Alter spielt da in sofern eine Rolle, dass es Würde und Lebenserfahrung beisteuert, die sehr attraktiv sind.
    Als (Hobby)bloggerin verstehe ich aber gut, was Du meinst. Frauen über 30 sind selten vertreten, weder als Großverdiener online noch als Gesichter für Werbekampagnen, auch wenn diese für Faltencreme sind.
    Mal ehrlich, wenn ich noch eine Werbung für eine hautstraffende Creme sehe, die an einer 17jährigen geshootet wird, falle ich vom Glauben ab! Es wird Zeit, dass Würde, Gelassenheit und Lebenserfahrung als wichtiger Attraktivitätsfaktor wahrgenommen werden, statt sich auf pralle Haut und feste Körper zu versteifen.
    Jung ist jeder irgendwann, es ist keine Leistung. Lebenserfahrung und das innere Leuchten verdient man sich.

    Anne – Linda, Libra, Loca

  • 04
    11
    2018
    18
    Hannah

    @Sarah: Du hast selbst erwähnt, dass Du Dich nicht frei machen kannst von den Anforderungen Deiner Branche,
    deshalb habe ich daraus den Schluss gezogen, dass Deine Sicht der Dinge auch von Deinem Berufsumfeld
    geprägt ist. LG Hannah

  • 04
    11
    2018
    18
    Hannah

    @Sarah: Upps, zu schnell abgeschickt. Ich wollte Dich jedenfalls mit meinem letzten Satz nicht
    ebenfalls in eine Klischee-Ecke rücken, sondern noch einmal aufgreifen, was Du selbst festgestellt
    hast. Es ist für mich … schwierig, wenn Menschen, die „in diesem Bereich“ arbeiten Missstände
    zwar anprangern, aber öffentlich dann eben doch mehr oder weniger mitziehen um nicht Kunden (sei
    es Firmen oder Leser) zu verlieren. Du wählst Deine Bilder ja auch immer sehr sorgfältig aus (das
    hattest Du zumindest schon geschrieben) und versuchst keine Angriffsfläche zu bieten, anstatt zu
    sagen „ach egal, dann sieht das Foto vielleicht nicht ganz so vorteilhaft aus, ich weiß ja, dass
    ich trotzdem schön bin“. Ich finde, da ist so eine wahnsinnige Diskrepanz zwischen dem was einem
    der gesunde Menschenverstand sagt (Schönheit kennt kein Alter, kein Geschlecht, kein Gewicht,
    keine Hautfarbe, etc.) und dem was „dort draußen, von Deinem Berufsumfeld“ (und ja, teilweise auch
    von Dir) propagiert wird. Ich würde mir da von Dir ganz persönlich mehr Mut wünschen diese Dinge
    nicht nur anzusprechen, sondern auch etwas daran zu ändern! LG Hannah

  • 04
    11
    2018
    18

    @Hannah: An dieser Stelle ein Danke für deine immer konstruktiven Kommentare. :-)

    Ich kenne by the way keine Frau – egal, in welcher Branche sie arbeitet – die sich nicht über das Kompliment freut, jünger auszusehen. Das ist ein Problem an sich, dass wir es alle automatisch als positiv ansehen, jünger geschätzt zu werden.

    Zu deinem zweiten Kommentar: Du hast Recht, ich wähle natürlich Bilder aus, auf denen ich mich mag. Aber wieso sollte ich auch ein Bild auswählen, auf dem ich mir nicht gefalle? Und die Aussage, dass ich „mitziehe“ stimmt so nicht ganz. Glaub mir, es gibt viele Jobs, die ich schlicht und einfach aus dem Grund niemals bekommen werde, weil ich keine Size Zero habe.

    Ich habe in den letzten Jahren so viele Kolleginnen abmagern sehen. Für mich kommt es niemals in Frage, mich wieder in diesen Strudel zu stürzen, in dem ich als Teenie war – und wenn ich dadurch für diese Branche eben nicht perfekt genug bin, dann ist das eben so. Ich kämpfe jeden einzelnen Tag gegen diese harten Regeln meiner Branche an, deshalb finde ich es schade, dass du hier von fehlendem Mut sprichst.

    Es gibt so viele Mädels, die Größe 34 tragen und sich dennoch gravierend auf ihren Bildern verändern. Noch schlanker machen, die Beine ins Unendliche strecken … Das bekommen die Leser und Instagram-Follower natürlich nicht mit. Sie sehen nur das Resultat.

    Ich persönlich tanze mit meinem Körper oftmals aus der Reihe und trotzdem würde ich mich niemals auf Bildern schlanker machen. Aber klar, ich wähle die Bilder aus, auf denen ich mir am besten gefalle. Den Ansatz, Bilder auf denen ich mich nicht gut finde zu posten, finde ich da ehrlich gesagt nicht richtig. Denn ich möchte euch ja schöne Bilder zeigen – und so groß „dass ich weiß, dass ich ja trotzdem schön bin“ ist mein nun Selbstbewusstsein auch nicht. ;-)

  • 04
    11
    2018
    18
    Hannah

    @Sarah: Ich (und nicht nur ich, da bin ich mir sicher) würde Dich auf jedem Foto schön finden.
    Nicht perfekte Fotos zu zeigen entlastet doch auch einfach sehr viele Frauen, indem öffentlich
    gemacht wird, dass dick, dünn, geschminkt, ungeschminkt, mit Pickeln, Falten, mit Bauch, ohne
    Bauch, etc. eben AUCH schön ist.
    Für mich bist Du ein schöner Mensch und das hat nichts mit Deinem Aussehen zu tun. Und ich danke
    DIR, dass Du Dich immer wieder auf einen Gedankenaustausch einlässt, Dinge und Sichtweisen erklärst
    und damit auch meinen Horizont erweiterst. LG Hannah

  • 04
    11
    2018
    18
    Carla

    Ich bin sehr bei Hannah, was diesen Artikel anbelangt.

    Und noch ein anderer Punkt: Umgekehrt sieht die deutsche Durchschnittsfrau im Alter von Heidi Klum eben nicht so aus wie eine Heidi oder ein Star, der neben Kinderbetreuung, einer eigenen Köchin auch noch einen Personal Trainer zur Verfügung hat und zudem easy sämtliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann die irgendwie zu einer perfekten Optik beitragen.

    Das sind herausragende Beispiele mit sehr guten Genen und einer „ganzen Entourage“, die im Prinzip nur dafür da ist, „eine Person schön zu machen“.

    Eine normale 40 Jährige mit zwei Kindern und einem Full-Time Job hat im Regelfall weder die gleichen finanziellen und zeitlichen Ressourcen
    Das habe nicht mal ich mit 31 – ohne Kinder. ;)

    Was du manchmal vergisst, wie mir scheint:
    Auch bei dir und deiner Mama muss man sagen: Ihr habt wohl einfach auch Glück gehabt und sehr gute Gene und investiert natürlich ggf. zusätzlich auch in eurer Äußeres durch Sport und Co. Angela Merkel kann Bundeskanzlerin sein, als Fashion- und Beautybloggerin hätte sie es vermutlich aber nicht zum Erfolg gebracht. Du persönlich hast zwar das Gefühl, im Vergleich zu anderen Bloggern eben keine size zero zu sein, du bist aber nunmal trotzdem ein sehr hübsches, überdurchschnittlich gut aussehendes Mädchen mit einer schönen Haut und guten Proportionen- Grundvorraussetzung für die Ausübung deines Berufes. Ausnahmen bestätigen die Regel.

    Und ja, schöner wäre ein einfaches Kompliment: „Sie sieht super aus“. Ohne einen „trotz“-Zusatz.

    Aus soziologischer Perspektive lässt sich das sehr einfach erklären:
    Solche Vergleiche entstehen im Regelfall, weil man sich an seinen Mitmenschen orientiert, am Durchschnitt oder an herausragenden Leistungen. Und die deutsche Durchschnittsgröße bei einer Frau liegt nunmal nicht bei 34/36 sondern eher bei 40/42. Also hat deine Mama ganz einfach eine überdurchschnittlich gute Figur und eine überdurchschnittlich gute Haut im Vergleich zu anderen gleichaltrigen Frauen. Der Soziologe Leon Festinger erklärt das zum Beispiel sehr schön mit der „Theorie des sozialen Vergleichs“, durch die er die Mechanismen von sozialen Vergleichen aufzeigt.

    Und am Ende steht dann in der Gala: „Heidi Klum ist trotz ihres Alters noch gut in Schuss.“ ;)

  • 04
    11
    2018
    18
    Mari

    Wie du eigentlich selbst schon durchblicken lässt, wird doch ohnehin das ganze Thema „äußerliche Schönheit“ – vollkommen losgelöst vom Alter – in den sozialen Medien (bzw. in erster Linie Instagram) und diversen Klatschblättchen total überbewertet. Einen Artikel bzw. ein Titelblatt darüber, ob Heidi Klum trotz ihres Alters gut aussieht oder einfach so gut aussieht, fällt für mich ohnehin in die Kategorie der sinnfreien Berichterstattung. Interessanter und lesenswerter wäre wohl eine Kolumne darüber, welche Werte eine Person mit ihrem Tun vermittelt oder was sie gesellschaftlich, wissenschaftlich, politisch usw. bewirkt, anstelle über das bloße Aussehen zu berichten. Auch wenn man natürlich mit gesunder Ernährung, Sport etc. Einfluss nehmen kann, so sind die Grundanlagen (auch was den Alterungsprozess angeht) nun einmal genetisch weitgehend programmiert… es hat sich halt keiner selbst gemalt :)

    Diesbezüglich kann ich mich auch nur meinen Vorrednerinnen anschließen, dass solche Artikel über „Schönheit“, „Body Shaming“ etc. ein bisschen wie „Jammern auf hohem Niveau“ rüberkommen, weil eigentlich alle Lifestyle- und Beauty-Blogger, die über dieses Thema schreiben, sehr überdurchschnittlich attraktiv sind und diesen Beruf vermutlich ohne das weit über dem Durchschnitt liegende Äußere nicht ausüben könnten. Da fragt man sich, was denn die Leute sagen sollen, die eher überdurchschnittlich stark vom gängigen Schönheitsideal abweichen, weil sie genetisch einfach keinen tollen Bauplan abbekommen haben. Und dass es im Beruf immer Leute gibt, die aufgrund irgendwelcher Merkmale, Eigenschaften etc. gefragter sind und den Job oder die Aufgabe bekommen, gibt es doch überall. Auch wenn es außerhalb des Mode-, Social Media- und Schauspiel-Bereichs dann idR nichts mit der Kleidergröße zu tun hat, gibt es in anderen Branchen genauso unverständliche Kriterien und Attribute, den Job oder Auftrag der einen Person zu geben, obwohl die andere es besser oder authentischer könnte. Das soll jetzt wirklich kein böser Angriff sein, aber beim Anprangern falscher Schönheitsideale fehlt mir manchmal ein bisschen der Bezug zur Realität bzw. eine realistische Einschätzung, mit welchem Aussehen man eigentlich gegenüber dem Durchschnitt schon gesegnet ist…

    Dass man sich in der Regel freut, wenn man ein Kompliment für ein jugendliches Erscheinungsbild bekommt (was Männer ja gleichermaßen betrifft und nicht Frauen-spezifisch ist), ist doch schon insofern verständlich, als die Zeit ab Ende 20 gefühlt rast und sich mit Beruf, größerer Verantwortung, ggf. Familie usw. auch die jugendliche Unbeschwertheit langsam aber sicher verabschiedet. Da freut man sich halt, wenn gefühlt noch etwas von der Jugendlichkeit erhalten geblieben ist und man „noch nicht ganz so erwachsen“ wirkt… Das würde ich aber nicht so auffassen, dass man unattraktiver wäre, wenn man älter wirkt. Hängt ja auch immer von Kleidung und Styling ab… wenn ich fürs Büro „gestylt“ bin, werde ich oft mit „Dame“ angesprochen, während ich in Sportklamotten oder mit Jeans, Lederjacke und Mütze meistens von Hinz und Kunz mit meinen 34 Jahren noch geduzt werde. Ich kann mich über beides amüsieren :) Von daher würde ich die Freude über solche Komplimente nicht überbewerten und als ernstzunehmendes „gesellschaftliches Problem“ ansehen.

  • 05
    11
    2018
    18
    Nicole

    Super Beitrag. Endlich. Ich dachte schon ich denke alleine so. Ich bin übrigens 47 und habe einen 36 Jährigen Freund. Im Alltag muss man sich echt manchmal schlimme Sachen anhören. Uns fällt dieser Altersunterschied überhaupt nicht auf. Wir lieben uns und das ist doch das Wichtigste.

  • 05
    11
    2018
    18
    Hanna

    Liebe Sarah,

    Mal wieder muss ich sagen: Danke für diesen Post und Deinen Mut, immer wieder anzusprechen, wenn dich etwas stört. Das zeichnet Deinen Blog mit aus! Und (fast) noch besser gefällt mir die Diskussion unter dem Post, auf die Du Dich mit Deinen Leserinnen einlässt. Sie komplettiert den Artikel irgendwie und ich finde alle Beteiligten sehr konstruktiv :-)

    Liebe Grüße
    Hanna

  • 05
    11
    2018
    18
    Marla

    Dieses omnipräsente „trotz“ ab oder jenseits eines Alters (wer definiert das eigentlich und macht es woran fest???)
    stört mich schon lange. Oft scheint mir da eine Häme mitzuschwingen, auch eine Art Druck, einer Norm entsprechen zu müssen, die Jugend mit schön, chic, schlank, fit usw. assoziiert, reiferen Jahrgängen diese Attribute aber nicht mehr zugestehen will, als gebe es den übergewichtigen, inaktiven Early-Twenties-Couch-Potato nicht. Ok, Werbung richtet sich an bestimmte Zielgruppen, aber als Spiegelbild der Gesellschaft sollte man sie nicht missverstehen. Erst recht nicht als Taktgeber.
    Nein, es macht keinen Spaß, Falten zu kriegen, die man nicht haben will. Nein, es ist nicht schön, Vorgänge zu beobachten, die an die eigene Vergänglichkeit erinnern. Ja, es macht Spaß, dieser Erkenntnis Energien entgegenzusetzen, ohne trotz und wenn und aber.

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