Als ich vor fast achteinhalb Jahren mit Josie loves startete, gab es kaum Blogger. Das Bloggen war noch kein Beruf, es war vielmehr ein noch nicht sehr weit verbreitetes Hobby. Viele hatten noch nie etwas von Bloggern gehört, manche mal irgendwas „von diesem Bryan Boy“, der plötzlich neben den wichtigen Chefredakteuren in der Front Row sitzt, gelesen.
Durch meine Zeit bei Burda hatte ich bereits viele Kontakte zu PR-Agenturen und wurde direkt zu Blogbeginn zu vielen Veranstaltungen eingeladen. Oftmals saß ich als einzige Bloggerin zwischen vielen Print- und einigen Online-Redakteuren und war immer ein bisschen das bunte Schaf. Unzählige Male musste ich erklären „was ich da eigentlich so mache“, erzählte begeistert davon, wie toll es ist, eine News sofort online zu stellen und nicht Monate zu warten, bis sie in einem Print Magazin erscheint. Die Reaktionen waren gemischt. Einige waren sehr interessiert an dem, was ich tat, bei anderen merkte ich genau, dass sie das Bloggen belächelten. „Eine Modeerscheinung, die sich nicht lange hält.“ Da das Bloggen zu diesem Zeitpunkt noch nicht mein Hauptjob war, nannte ich bei der Frage nach meinem Beruf immer „Moderedakteurin“ – damit konnte jeder etwas anfangen. Naja, fast jeder. Im privaten Umfeld gab es immer noch viel Erklärungsbedarf. Aber das war für mich vollkommen in Ordnung.
In den Jahren darauf etablierte sich der Beruf Blogger. Immer mehr Gesprächspartner konnten bereits zu Beginn etwas mit diesem Job anfangen. Und plötzlich war das Bloggen angesehen. Ich konnte mit Stolz erzählen, dass ich Vollzeit blogge, jeden Tag ein persönliches Online-Magazin mit Content befülle. Jeder war neugierig und wollte mehr über diesen neuen, aufregenden Beruf wissen – und die Anerkennung in Gesprächen überwog nach und nach die verwirrten „Und DAVON kannst du leben?“ Fragen.
Und dann kam Instagram. Genauer gesagt gewann Instagram immens an Bedeutung. Und plötzlich wurde der Begriff „Influencer“ sehr groß. Größer als es das Thema Bloggen jemals war. Es gibt viele gute Blogs, die eine sehr große Reichweite haben, aber mit dem Thema Instagram wurde eine noch viel, viel größere Masse erreicht. Dass ein Blogleser, der sich lange mit einem Artikel und dessen Message beschäftigt, vermutlich den Wert von über 100 Instagram Lesern hat, die in einer Minute bei Bildern von 20 Influencern im Feed „Gefällt mir“ klicken, ohne die Caption zu lesen, ist wieder ein anderes Thema – darum geht es heute auch gar nicht.
Es geht um die riesengroße Masse, die Instagram erreicht. Große Influencer-Stars wurden geboren und die Medien stürzten sich so sehr auf diese „neue Spezies“, wie sie es bei den Bloggern niemals getan hatten. Und plötzlich konnte JEDER etwas mit Influencern anfangen. Genauer gesagt hatte jeder irgendeine Meinung zu diesem Thema. Und leider wurde genau das zum Problem: Im Fernsehen wurde und wird stets der überspitzte „Prototyp“ einer Influencerin dargestellt.
Selfies, non stop wird alles mit dem Smartphone gefilmt, ein so unfassbar leicht aussehendes Jetset-Leben, Unmengen an Geld für einzelne Instagram Posts etc. …. Ganz ehrlich? Ich verstehe, dass das bei vielen Zuschauern, Followern und Lesern einen negativen Beigeschmack hinterlässt.
Dass es in dieser Branche aber unglaublich viele Individuen gibt, verschiedene Themengebiete, völlig unterschiedliche Gehälter, einen oftmals gewaltigen Unterschied zwischen Bloggern und Influencern, wahnsinnig fleißige Content Creator und großartige Frauen, die wirklich richtig viel auf dem Kasten haben, das wird oftmals übersehen. Es gibt Blogger und Influencer, die extrem hart arbeiten und viel Kreatives auf die Beine stellen und andere, die ganz genau jedem noch so negativen Vorurteil entsprechen. Die traurige Wahrheit: Oftmals werden alle in einen Topf geworfen.
Und plötzlich wird aus „Und DAVON kannst du echt leben?“ ein „Ach, ihr Influencer verdient ja eh alle super viel Geld.“
Wirklich? Nur weil einzelne Personen im Fernsehen von gigantischen Instagram-Gagen sprechen?
Mir fällt in letzter Zeit oftmals auf, wie ich sofort das Bedürfnis habe, mich für meinen Beruf zu rechtfertigen. Ihn zu erklären. Denn wo lange Zeit ein bisschen Bewunderung für einen aufregenden Beruf mitschwang, ist es mittlerweile teilweise nicht selten ein „Du bist Bloggerin? Ah okay…“-Belächeln. Und das finde ich unfassbar schade. Jahrelang haben wir Blogger für Ansehen gekämpft, hart gearbeitet (Man denke nur an wunderbare Frauen wie Jessie von Journelles, die so unglaublich viel erreicht hat und sich dennoch nie ausruht, sondern stets weiterentwickelt und neue, spannende Projekte auf die Beine stellt), um dann alle in einen Topf geschmissen zu werden. Das ist schlicht und einfach falsch. Genauso wie das Verallgemeinern eines jeden anderen Berufs. Man denke nur an die unterchiedlichen Charaktere unserer Lehrer …
Dass das Thema Influencer-Marketing in den letzten Jahren so groß geworden ist hat sicherlich auch Vorteile. Es ist mittlerweile eher ungewöhnlich, dass Marken nicht mehr mit Bloggern und Influencern arbeiten und die Branche hat sich sehr professionalisiert (auch wenn zum Beispiel im Bereich „Fake auf Instagram“ noch soooo viel zu tun ist – aber über dieses Thema ist bereits genug gesagt). Viel ist überhaupt erst dadurch ermöglicht worden, dass die Branche so groß und der breiten Masse bekannt wurde. Und ja, ich bin stolz darauf, seit so vielen Jahren Teil dieser Branche zu sein und eine Entwicklung erlebt zu haben, die man sich 2010 im Traum nicht vorgestellt hätte.
Ich würde mir nur von Herzen wünschen, nicht oftmals in die „oberflächlich und narzisstisch“-Ecke gestellt zu werden (Da wären wir wieder bei dem Vorteils-Thema).
Aber wer weiß? Vielleicht sieht die Sache in weiteren vier Jahren wieder ganz anders aus …
Mich würde einmal interessieren: Was assoziiert ihr mit dem Job „Blogger“? Differenziert ihr klar zwischen Blogs und Instagram-Influencern? Konsumiert ihr noch Print-Magazine? Oder nur noch Blogs? Oder primär Instagram? Ich bin unglaublich gespannt auf eure Gedanken zu diesem Thema!
Spannender Lesestoff: Vor zwei Jahren fasste ich mit vielen tollen Kollegen „Bloggen 2010 versus 2016“ zusammen und wagte einen Blick in die Blog-Kristallkugel.