Vor kurzem saßen Chris und ich im Flugzeug hinter zwei Herren, die sich erst im Flieger kennenlernten und dennoch schnell vom oberflächlichen Small Talk zu tiefgründigen Gesprächen übergingen und über das Leben philiosophierten. Klingt, als hätte ich mir das für diese Kolumne ausgedacht – war aber tatsächlich so. Wir saßen direkt in der Reihe dahinter und so war es praktisch unvermeidbar, das Gespräch mitzubekommen. Irgendwann teilte einer der beiden Herren seine persönliche Theorie über Glück – und obwohl ich überhaupt nicht in dieses Gespräch involviert war begann ich über diese Aussage nachzudenken.
Doch um was ging es überhaupt? Besagter Herr im Flugzeug meinte er sei der festen Überzeugung, dass nicht ein Mensch mehr Glück hätte als ein anderer, sondern dass man für sein Glück einzig und allein mit seinen Taten selbst verantwortlich sei.
Und irgendwie war ich ein bisschen hin und hergerissen zwischen „Was für ein Quatsch! Manche Menschen haben definitiv mehr Glück als andere.“ und „Irgendwas ist da ja schon dran!“. Wobei ich irgendwann doch eher zu zweiterem tendierte (und das, ohne seine Argumentation weiter zu verfolgen, da ich Musik hörte).
Klar, es gibt diese Ausnahmesituationen, die einzig und allein etwas mit „Glück“ zu tun haben. Zum Beispiel wenn man im Lotto gewinnt, im Gegenzug „Unglück“, wenn man einfach zur falschen Zeit am falschen Ort ist und etwas wirklich Schlimmes passiert.
Aber es geht eher um diese Aussagen, die ganz gerne im Zusammenhang mit sehr erfolgreichen Menschen getroffen werden. „Sie steht auf der Sonnenseite des Lebens“ oder „Er hat das Glück gepachtet.“ Wie oft wird missgünstig gesagt „Na die hat aber auch immer ein Glück!“
Meist werden diese Aussagen über Menschen getroffen, die nach außen erfolgreich sind. Dass sie für diesen Erfolg aber vielleicht oftmals einfach härter arbeiten als andere, nach Tiefschlägen schneller aufstehen und hinter dieser „glücklichen Situation“ unfassbar viel Fleiß steckt, das wird meist nicht gesehen.
Außerdem gibt es einen großen und sehr entscheidenden Unterschied zwischen „Glück haben“ und „glücklich sein“. „Glück haben“ reicht nicht, man muss dieses Glück auch ergreifen – nur dann kann „glücklich sein“ entstehen.
Im Gegensatz dazu wächst man ganz oft an Situationen, die man eigentlich als „Pech“ bezeichnet – andere lassen sich in dieses Unglück fallen. Und wenn zwei Menschen mit negativen Erlebnissen unterschiedlich umgehen, der eine tatenlos ins Selbstmitleid verfällt und der andere sich aufrappelt und kämpft, dann ist die Chance groß, dass zweiterer bald wieder Positives erlebt. Das hat in diesem Fall aber nichts mit „Glück“ zu tun, sondern mit der inneren Einstellung, Ehrgeiz und Mut. Mit dem, was derjenige aus seinem Leben macht, wie er mit Tiefschlägen umgeht.
Und mal ehrlich: Kennt ihr wirklich jemanden, der über einen langen Zeitraum hinweg „immer nur Glück hat“? Meist ist es doch so, dass sich Glück und Pech ausgleichen. Die Achterbahn des Lebens mit vielen Höhen und Tiefen.
Ich kenne by the way niemanden, der tatenlos immer Glück hat. Die meisten Menschen, die im privaten und beruflichen Leben erfolgreich sind und Glück ausstrahlen, die tun auch sehr viel dafür.
Und wie ist das mit dem Glück in der Liebe? Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker und mich erfüllt der Gedanke mit ganz großem Glück (alias „glücklich sein“), in jungen Jahren jemanden getroffen zu haben, der mir nach so langer Zeit immer noch täglich Schmetterlinge in den Bauch zaubert.
Aber: Meiner Meinung nach hat eine dauerhaft glückliche Partnerschaft wiederum rein gar nichts mit Glück zu tun, sondern mit Hingabe, Vertrauen, Kompromissen und ganz viel Kommunikation.
Vielleicht ist es im ersten Moment Glück, eine Person zu treffen, die einen ganz besonders fasziniert. Aber ob etwas „wirklich Großes“ daraus wird hängt letztendlich von so, so vielen Faktoren ab, insbesondere daran „was man aus solch einer Situation macht“. Und da wären wir wieder bei der Aussage aus dem Flugzeug: „Man ist für sein Glück einzig und allein mit seinen Taten selbst verantwortlich.“
Vermutlich könnte ich noch unzählige Wörter über dieses Thema schreiben. Aber an dieser Stelle würde ich das Wort wie immer sehr gerne an euch übergeben …