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2020 im Ausland: eine Liebesgeschichte

Und da wären wir auch schon bei der (vorerst) letzten Ausgabe unserer „2020 im Ausland„-Reihe angekommen. Wieso im Titel keine bestimmte Destination steht? Das werdet ihr im Laufe des Textes erfahren. 

Ich habe mich sehr über die Nachricht von Mirjam gefreut, die sie mir vor ein paar Wochen über Instagram schrieb. Mirjam lernte ich vor einigen Jahren kennen, als sie bei HALLHUBER arbeitete, kurz darauf kreuzten sich unsere Wege erneut, als sie bei unserer damaligen Blogger-Agentur tätig wurde. 2018 entschied sie sich, den Traum von einer Weltreise zu realisieren und buchte ein One-Way-Ticket nach Australien – ganz alleine.  In diesem Zuge begann sie, auf one way stories über ihre Reiseabenteuer zu bloggen.

Zurück zu ihrer Nachricht. Mirjam schrieb mir, dass ihre abgebrochene Weltreise auch bedeutete, dass sie für insgesamt sieben Monate von ihrem jetzigen Mann getrennt war und gezwungenermaßen eine Südafrika-Tirol-Fernbeziehung führen musste. Ein Auszug aus ihrer Nachricht: „Aber was fest steht: die Liebe kann niemals verlieren – love always wins“. Falls das – in irgendeiner Form auch immer – interessant für euch sein könnte, dann würde ich mich sehr freuen, auch anderen Paaren Mut zu machen und sie wissen zu lassen, dass es sich rentiert, durchzuhalten.“ Eine Nachricht, die mich sehr rührte und eine Geschichte, der ich hier auf Josie loves unbedingt eine Plattform geben wollte. Vom unerwarteten Ende einer Weltreise, vielen Hürden und wichtigen Learnings erzählt Mirjam ausführlich im Interview. So, und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

2020 im Ausland: eine Liebesgeschichte zwischen Neuseeland, Tirol und Südafrika

 1. Deine Weltreise startete 2018 mit einem One-Way-Ticket nach Australien.  Wie kam es damals zu dem Entschluss, Sicherheiten aufzugeben und auf unbestimmte Zeit ans andere Ende der Welt zu fliegen? Und wie hast du das erste Jahr auf Reisen erlebt?

Die Idee, im Zuge einer langen Reise die Welt sehen, mich selbst besser kennenlernen, verschiedene Kulturen und Lebensarten entdecken und einfach in den Tag hinein leben, war schon längere Zeit irgendwo in meinem Hinterkopf und ich hatte es immer als „Plan B“ gesehen, falls mit Studium oder Job etwas schief laufen sollte. So richtig schief lief es aber nie und ich hatte bis zum Abschluss meines Masterstudium keinen Anlass, den Plan B zu realisieren. Als ich nach dem berufsbegleitenden Master nicht mehr so strikt eingeteilt war und deutlich mehr Zeit für mich hatte, wurden mir zwei Dinge klar:

1. Ich war überarbeitet und brauchte eine Pause.

2. Nie in meinem Leben werde ich ungebundener sein, als jetzt gerade. Keine eigenen Kinder, für die ich sorgen muss, meine Eltern sind noch super fit, genügend Budget auf der Seite, … Hinzu kam, dass ich das Gefühl hatte, bereits genügend Lebenserfahrung gesammelt zu haben, um nicht blind in irgendwas rein zu starten und mir am anderen Ende der Welt nicht zu helfen zu wissen. Wenn nicht jetzt, wann dann würde ich meinen Plan B endlich zu Plan A machen? Also verkaufte ich alles, was ich nicht wirklich einpacken und im Keller meiner Eltern zwischenlagern wollte, kündigte Verträge, vermietete meine Wohnung weiter und buchte ein One-Way-Ticket. Ich hatte Respekt vor dem Schritt, aber keine Angst – das positive Bauchgefühl überwog von Anfang an. Und das, obwohl ich eigentlich ein sehr sicherheitsbewusster Mensch bin und vor allem gerne organisiere und immer eine Idee brauche, wie es weiter geht. Meine Aussage war damals auch, dass ich so 6-9 Monate unterwegs sein werde und dann nach München zurück möchte.

Erstes Learning vorab: es kommt immer anders, als man denkt 😊 Am Anfang stresste mich es ein bisschen, dass ich so schnell abreisen wollte und ich hätte mir mehr Zeit gewünscht, die Reise zu organisieren und Abschied zu nehmen, habe sogar mal darüber nachgedacht, das Ganze in 2020 erst zu realisieren. Rückblickend bin ich sehr froh, dass alles so gekommen ist und weiß nun auch, dass es nicht mehr Organisation braucht, als die richtigen Impfungen, einen (noch lange gültigen) Reisepass und leichtes Gepäck.

Der Anfang war wirklich verrückt, besonders da ich es nicht gewohnt war, 24 Stunden am Tag das zu tun, wonach mir ist. Erst da wurde mir bewusst, wie viele Entscheidungen wir eigentlich treffen, um damit unser Leben gestalten zu können. „Du kannst sein, wer du willst“ trifft es sehr gut. Jeder Tag war ein kleines Abenteuer da man unterwegs natürlich viele Leute kennenlernt, tolle Tiere sieht, lustige Erlebnisse hat und einfach frei und locker lebt.

Durch die Freiheit kam dann auch die Gestaltungsfreude und mir wurde bewusst, dass JETZT meine Zeit ist. In den folgenden Monaten habe ich nichts ausgelassen und wirklich ganz nach Bauchgefühl gelebt. Da gehört auch dazu, dass man mal einen Flug nicht antritt oder bei einem wildfremden Ehepaar im Gästezimmer schläft :-D

  2. Als die Corona-Krise begann, warst du in Neuseeland. Du hast dort auch deinen jetzigen Mann kennengelernt. Der eigentliche Plan war, gemeinsam mit ihm im Juli 2020 in Tirol anzukommen. Was ist stattdessen passiert?

Nach 10 Monaten Solo-Reise bin ich nach Neuseeland, wo ich recht schnell Terry, meinen Mann, kennenlernte. Er war dorthin ausgewandert und in einer festen Anstellung, lies sich aber von meinem Entdeckergeist anstecken und so reisten wir Anfang März weiter auf die Fidschi Inseln, um dann noch weitere 5-6 Monate gemeinsam zu reisen. Sage und Schreibe eine Woche, nachdem wir auf den Fidschis gelandet waren, explodierte die Corona-Pandemie in Europa. Dort war noch wenig zu spüren und wir wurden auch recht schief angeschaut, wenn wir unsere Bedenken zur Weiterreise äußerten.

Es war auch schwer zu fassen, was in meinem Heimatland passiert, wenn am anderen Ende der Welt noch alles in Ordnung scheint. Vor allem durch Zureden meiner Familie hatten wir uns erstmal entschieden, das Insel-Hopping (ohne Internetempfang und Arzt in der Nähe) gut sein zu lassen und sind zurück auf das Festland der Fidschis. Wir hatten am Rückweg ebenfalls keinen Internetempfang und als wir nach der vierstündigen Bootsfahrt in Nadi ankamen, verbreiteten sich schon die Nachrichten, dass Neuseeland die Grenzen schließt. Dies nur, um einen Eindruck zu geben, wie schnell sich die Sachlage änderte und wir unsere Reisepläne anpassen mussten.

Da wir in Neuseeland eine sicherere Verbindung zu Europa sahen und nicht komplett auf einer Insel gestrandet sein wollten, entschieden wir am 14.03., unsere Weiterreise abzubrechen und erstmal zurück nach Neuseeland zu fliegen. In solchen Momenten sieht man vor allem das Geld, welches man schon investiert hat und nun verloren geht. Ja, das tat weh – aber wir lagen mit unserer Entscheidung genau richtig.

Zurück in Auckland wurde uns die Ernsthaftigkeit der Situation immer mehr bewusst. Dort hatten wir Zugang zu den Nachrichten, führten Telefonate mit den auswärtigen Ämtern und konnten nun die Lage besser abschätzen. Unser Ziel war es, für Terry ein Schengen-Visum zu beantragen, damit er mit mir kommen kann. Dafür kamen wir zu spät. Wir wurden informiert, dass das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde und wir nach Wellington müssen, um vielleicht auf der deutschen Botschaft noch etwas zu erwirken.

Der nächste Flug am nächsten Tag und drei Tage in Folge, an denen wir auf einen Termin auf der Botschaft warteten, die Situation beobachteten und schließlich leider abgewiesen wurden. Am Anfang war die Aussage der Mitarbeiter der Botschaft noch „in Neuseeland sind Sie vorerst sicher“, am dritten Tag hieß es „schauen Sie, dass Sie schnellstmöglich nach Hause kommen.“

Jedes Land / jede Nationalität war auf sich gestellt und verhärtete die sonst unsichtbaren Grenzen, und das merkte man. Der nächste Plan: in Neuseeland bleiben, zerschlug sich, da wir zu diesem Zeitpunkt als Touristen schon fast keine Unterkunft mehr bekamen und die Krankenversicherungen ankündigten, auszusteigen. Von der Arbeitssituation möchte ich nicht sprechen.

Mir war es auch wichtig, in Zeiten einer Krise (die ich zu diesem Zeitpunkt noch immer unterschätzte) bei meiner Familie zu sein. Schließlich konnte niemand garantieren, dass in einem Monat noch eine Flugverbindung nach Europa stehen würde. Daher entschlossen wir uns am 19.03. jeweils in unsere Heimatländer, zu unserer Familie, zu fliegen. Für mich war es „ok“ die Reise frühzeitig zu beenden, da ich alles gesehen und erlebt hatte, was ich sehen und erleben wollte. Alles, was nun noch anstehen würde wäre eine schöne Zugabe gewesen, aber ich habe eingesehen, dass man wirklich nicht immer alles haben kann. 😊

Allerdings waren die Flüge nach Österreich und Deutschland alle ausgebucht und es war ein ganzes Stück Arbeit, noch einen freien Platz zu finden. Für Terry war es natürlich schlimmer. Er wollte nie zurück nach Südafrika, konnte aber auch nicht in Neuseeland bleiben. Die Situation in Südafrika ist eine andere, dort gibt es kein wirtschaftliches System, das rechtzeitig gegensteuert und abfängt, was möglich ist. Er saß von März bis Oktober in einem Lockdown, wo zeitweise Wasser und Strom abgedreht wurden. Die Ersparnisse der Bevölkerung gehen dort schneller zu Ende, was einen Anstieg an Kriminalität und Gewalt erwirkt – es war keine schöne Zeit für ihn.

Mirjam und Terry

4. Nach sieben Monaten „Südafrika-Österreich“-Fernbeziehung habt ihr geheiratet. Du meintest, dass viele Probleme erst dann begannen …

Die wohl größte Herausforderung war der Prozess, Terry nach Österreich zu bringen, während Österreich keine Visa ausstellt. Dort begann die Pandemie erst später und erreichte ihren ersten Höhepunkt, als bei uns die Zahlen wieder abflachten. Dann stiegen die Zahlen bei uns wieder an. Die Ausreise aus Südafrika wurde gesetzlich verboten, wodurch es keine Flugverbindungen gab. Ich konnte nicht einmal eine Grußkarte zu ihm senden. Schade, das wäre unsere Zeit für romantische Liebesbriefe gewesen!

Auch die Botschaft dort, welche für die Visaausstellung zuständig wäre, blieb aufgrund des Tourismusverbotes geschlossen. Es gab einige Tage, an denen wir verzweifelten. Im Oktober wurde die Ausstellung von Sonder-Visa wieder aufgenommen und da waren wir gleich vorne mit dabei. Es war eine Papier-Schlacht, aber wir wussten, wofür wir kämpfen und so konnte er Mitte Oktober in Wien einreisen.

Mit Terry gemeinsam in Tirol zu sein ist das größte Geschenk, aber natürlich waren damit auch schwierige Umstände verbunden. Wir heirateten hier im Soft-Lockdown, niemand von seiner Familie konnte anwesend sein. Danach waren Fragen wie die Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis, Krankenversicherung,… zu klären. Die österreichische Bürokratie macht es einem wirklich nicht leicht, hier Fuß zu fassen und wir sind noch immer dabei.

Da viele Behörden im Ausnahmezustand und „Corona-Einsatz“ sind, wurden wir vermehrt vertröstet und wussten nicht, ob wir eine Aufenthaltsgenehmigung für ihn pünktlich bekommen würden. Hier möchte ich anmerken, dass ich in einer privilegierten Situation bin und dank Festanstellung eine schöne Wohnung, die groß genug ist (ja, sogar die m² muss man bei der Einwanderungsbehörde nachweisen) sowie Krankenversicherung für uns beide ermöglichen kann. Wir haben alles, was wir brauchen bzw. können es uns ermöglichen, das geht wohl kaum einem anderen Zuwanderer so und ich fühle nach diesen Erlebnisse nochmals mehr mit diesen Menschen.

Immer mal wieder flattern Briefe ins Haus, zu welcher Untersuchung er bitte erscheinen möge und was von ihm als Zuwanderer erwartet wird. Diesen Umgang zu beobachten, tut mir im Herzen weh. Wir haben den Vorteil, dass ich Deutsch spreche und ihn bei solchen Dingen unterstützen kann; wie geht es einer Person, die geflohen ist und kein Wort versteht?

5. Wo seid ihr aktuell? Habt ihr geplant – wann immer das im kommenden Jahr möglich ist – noch einmal an die Reise anzuknüpfen und alle ausstehenden Ziele nachzuholen?

Im Moment leben wir in Tirol und genießen die Nähe zu Freunden und Familie. Hier haben wir beste Voraussetzungen, um das Geschehen auf der Welt zu beobachten und uns zu überlegen, wo und wie wir unsere Zukunft gestalten möchten. Ich arbeite wieder in einer Festanstellung, Terry lernt fleißig Deutsch und ist auf Jobsuche. Wir genießen den Winter, die Zeit zu zweit und sprechen oft über unsere Reiseerinnerungen.

Genau so, wie es geplant war, also: Fidschi – Hawaii – Mexiko – Costa Rica – Europa   werden wir wohl eher nicht weitermachen, obwohl alle Ziele auf unserer Bucketlist stehen. Aber wir können uns im Moment nur sehr schwer vorstellen, dass das unbeschwerte Reisen so zeitnahe wieder möglich sein wird.

Im Herzen sind wir Abenteurer und möchten das auch fortführen. Wie wir dabei unser beider Interessen berücksichtigen können, das nicht aufgeben müssen, was wir uns hier schon wieder aufgebaut haben, und mit unseren Wünsche für die Zukunft verbinden können? Das finden wir selbst gerade noch heraus. Wir liebäugeln damit, im nächsten Sommer Europa besser kennenzulernen und Terrys Familie in Südafrika zu besuchen. Aber ich möchte niemals nie sagen… wer weiß – vielleicht kommen die konkreten Reisepläne schneller, als man denkt!

6. Was war dein wichtigstes Learning in 2020?

Eines der größten Learning war eben: sag niemals nie. Auf alles bezogen. Im Endeffekt bin ich losgezogen und habe alles gemacht, wozu ich davor noch „niemals“ gesagt habe. Und viele dieser Dinge haben Spaß gemacht! 😊 Ein weiteres großes Learning war, wie schön es ist, ein sicheres Zuhause zu haben, in das man immer zurückkommen kann. Hier in Tirol werden wir wirklich toll unterstützt und dafür bin ich sehr dankbar. Am dankbarsten bin ich aber wohl dafür, dass wir jetzt wieder zu zweit sein können. Die Erfahrung, 7 Monate in Fernbeziehung zu leben, erledigt sehr schnell jeden aufkeimenden Streit. Tausendmal lieber räume ich seine Socken weg, als nochmals zu erfahren, wie es ist, wenn diese gar nicht rumliegen, weil er nicht da ist…

In 2020 haben wir nochmals so richtig zu schätzen gelernt, was wir schon alles haben und wie gut es uns geht und das ist auch mir einmal mehr bewusst geworden. Es hat meine Sichtweise auf das Leben geändert und auch meine Pläne komplett durchkreuzt, aber da vertraue ich einfach zutiefst, dass alles so kommt und gekommen ist, wie es sein soll. Daraus wurden neue Chancen und Ideen geboren und ich kann es kaum erwarten, diesen nachzugehen und herauszufinden, wohin diese Wege führen.

Liebe Mirjam, ich wünsche Terry und dir von Herzen nur das Allerbeste für eure gemeinsame Zukunft. Danke, dass du eure Geschichte mit uns geteilt hast!

PS: Mirjam und Terry gründeten im vergangenen Jahr den Online-Shop Manuka Gifts, in dem sie detailverliebte, handgearbeitete Schmuckstücke und andere Kleinigkeiten anbieten. Mit jedem verkaufen Geschenk spenden sie 2 Euro an ausgewählte Hilfsorganisationen. Etwas Schönes verschenken und gleichzeitig etwas Gutes tun: Schaut unbedingt einmal bei Manuka Gifts vorbei!

Bilder: Mirjam Mc Gahey


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2 Kommentare

  • 15
    01
    2021
    21
    Gina

    Ein berührender Bericht, der zeigt, dass es sich lohnt für ein Ziel zu kämpfen.

  • 16
    01
    2021
    21
    Veronika

    Das ist mein Lieblingsbericht aus dieser Reihe. Wünsche den beiden alles Gute.

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